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Herr Schätz, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat wegen des anhaltenden Niedrigzinsumfelds ein strenges Auge auf die Pensionskassen in Deutschland. Zwei Einrichtungen hat sie vor einigen Monaten das Neugeschäft untersagt. Wie ist die Lage bei Ihnen?

Thomas Schätz: Eines möchte ich vorwegschicken: Bei den Kassen, die Sie ansprechen, ist die Schieflage offensichtlich nicht allein auf die Niedrigzinsphase zurückzuführen. Wie bekannt geworden ist, wurden zusätzlich wohl auch Fehler in der Tarifkalkulation eingestanden, weil die steigende Lebenserwartung zu wenig berücksichtigt wurde. Ich denke, dass man solche Fälle daher gar nicht zum Vergleich heranziehen darf. Die Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation ist sehr stabil aufgestellt.
 

Ein Ende des Niedrigzinsumfelds ist nicht absehbar. Die EZB hat die Zinswende auf frühestens 2020 verschoben. Halten Sie noch durch?

Schätz: Das wäre ja eine Restlebenszeit von nur einem Jahr! Nein, im Ernst: Wir haben im Vorjahr zusammen mit dem Beratungsunternehmen Heubeck AG ganz genau untersucht, welche Verpflichtungen aus dem Versicherungsgeschäft in den kommenden zehn Jahren auf uns zukommen werden. Gleichzeitig haben wir die Vermögenswerte in die Zukunft projiziert, um zu ermitteln, ob wir in der Lage sind, diese Verpflichtungen zu bedienen. Die Ergebnisse waren für uns durchwegs positiv. Und ich füge an, dass uns das auch gar nicht groß überrascht hat.
 

Warum gelingt es Ihnen, die Niedrigzinsphase besser zu umschiffen als andere Pensionskassen?

Schätz: Wir haben keinen besonders tiefen Einblick in die wirtschaftliche Lage der anderen Pensionskassen. Den hat wohl nur die Finanzaufsicht. Ich führe unsere gute Position darauf zurück, dass wir eine starke Aktivseite haben, in der viele Sachwertanlagen mit hoher Verzinsung und gut tragbarem Risiko angesammelt sind. Gleichzeitig stärken wir die Passivseite, um wiederum etwas Anlagedruck herauszunehmen. Und schließlich verzeichnen wir ein sehr stabiles und gutes Neugeschäft. Es ist also wohl die Summe mehrerer positiver Einflussfaktoren.

Derzeit deutet alles auf eine Eintrübung der Konjunktur hin. Welche Folgen hat das für die Pensionskasse?

Schätz: Als Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung sind wir ganz speziell nur offen für Genossenschaften und für Unternehmen, die unserer genossenschaftlichen Organisation nahestehen. Daraus folgt: Geht es den Genossenschaften gut, geht es auch ihrer Pensionskasse gut. Aber: Genossenschaftlich orientierte Arbeitgeber knicken auch in ihrer sozialen Verantwortung den Beschäftigten gegenüber nicht sofort ein, wenn einmal Gewitterwolken am Konjunkturhimmel aufziehen. Das entspräche nicht ihrer genossenschaftlichen Identität. Konjunkturelle Schwankungen haben noch nie spürbar dazu geführt, dass Mitgliedsunternehmen unserer Pensionskasse betriebliche Vorsorgezusagen reduziert oder gar eingestampft hätten.
 

Die Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation

Jahr der Gründung 1969
Beitragseinnahmen 2018 18,9 Mio. Euro
Verzinsung der Vermögensanlagen 2018 5,1 Prozent
Laufende Leistungen 2018 13,5 Mio. Euro
Anzahl neuer Versicherungsnehmer 2018 1.100
Anzahl Rentenempfänger 5.500
Bilanzsumme zum 31.12.2018 510 Mio. Euro


Seit Anfang 2018 ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft. Ziel des Gesetzes war es, die betriebliche Altersversorgung zu stärken. Entfaltet das Gesetz bereits seine Wirkung?

Schätz: Das tut es leider nur sehr bedingt. Natürlich nutzen vereinzelt Arbeitgeber den größeren steuerlichen Förderrahmen oder tun mehr für Geringverdiener. Aber das ganz große Ding hat sich der Gesetzgeber von der völlig haftungsbefreiten reinen Beitragszusage erhofft. Hier sollten die jeweiligen Sozialpartner entsprechende Verantwortung für Durchführung und Steuerung an einem gemeinsam aufgelegten Rentenmodell übernehmen. Nach meinem Kenntnisstand gibt es in Deutschland bis heute aber immer noch kein Sozialpartnermodell. Sowohl bei den Arbeitgebern wie auch bei den Arbeitnehmervertretern fehlt es meines Erachtens schlicht an Interesse – auch in den Tarifgebieten, die wir abdecken dürfen. Das verdeutlicht aber auch, dass unsere Mitgliedsunternehmen weiterhin zu Recht Altersvorsorgelösungen vorziehen, die einen Rechnungszins beinhalten. Bei einer reinen Beitragszusage gäbe es keine Zinsgarantien. Das ist ein großer Vertrauensbeweis in die Pensionskasse in ihrer heutigen Ausgestaltung.
 

Die Pensionskasse wurde Ende 1969 gegründet und nahm 1970 ihren Betrieb auf. Sie feiern 2020 also ihr 50. Jubiläum. Werden die Geschäftszahlen für 2019 ebenfalls Anlass zum Feiern geben?

Schätz: Auf alle Fälle werden wir mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Geburtstag unserer Pensionskasse feiern. Beim Geschäftsergebnis erwarten wir hinsichtlich der wesentlichen Leistungsindikatoren auch weiterhin eine stabile Entwicklung.
 

Herr Schätz, vielen Dank für das Interview!

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