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Herr Scheller, Sie haben am 1. Februar den Vorstandsvorsitz des Genossenschaftsverbands Bayern übernommen. Herr Drexl, Sie sind seit 1. Januar Vorstand. Wie sehen Sie den Genossenschaftsverband Bayern und welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Arbeit setzen?

Gregor Scheller: Der Genossenschaftsverband Bayern ist meines Erachtens gut aufgestellt und leistungsfähig. Es gilt daher nicht, den GVB neu zu erfinden. Zudem ist der Genossenschaftsverband ja auch im Moment in einem angestoßenen Veränderungsprozess. Es soll in der Fortentwicklung erstens sichergestellt werden, sich an den Bedürfnissen und der Nutzenstiftung für die Mitglieder auszurichten. Zweitens im genossenschaftlichen Verbund die Interessen der bayerischen Genossenschaften selbstbewusst zu vertreten, aber gleichzeitig auch ein verlässlicher und kooperativer Partner in der genossenschaftlichen Familie zu sein und drittens eine effektive Interessenvertretung zu gestalten. Das wollen wir miteinander angehen – mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dabei werde ich mit meinem Vorstandskollegen Siegfried Drexl eng zusammenarbeiten.

Siegfried Drexl: Diesen Ball kann ich gleich aufgreifen. Der Genossenschaftsverband Bayern ist die Summe seiner Mitglieder und damit die verlängerte Werkbank, um die notwendigen Dienstleistungen für unsere Mitglieder bereitzustellen. Unsere Aufgabe als Vorstand ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieser Dienstleistungsanspruch nachhaltig gewährleistet wird.
 

Wo sind die Mitgliederbedürfnisse Ihrer Meinung nach zu kurz gekommen?

Scheller: Ich will keine Vergangenheitsanalyse betreiben. Viel wichtiger ist es zu überlegen, welche Bedürfnisse und welche Veränderungen in den Banken, aber auch bei den Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften vor uns liegen. Wir im Genossenschaftsverband Bayern wollen gemeinsam mit den Mitgliedern Lösungen für die anstehenden Herausforderungen erarbeiten und sie in der Umsetzung praxisnah begleiten.  Wir sollen das Augenmerk nicht nur auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle richten, sondern vor allem darauf, bestehende Geschäftsmodelle zukunftsfest zu modifizieren. Da kann sich der Genossenschaftsverband Bayern noch stärker einbringen.

Drexl: Das sehe ich genauso. Zum einen müssen die Anliegen aus dem Tagesgeschäfts natürlich auf der kurzen Zeitschiene bedient werden und zum anderen sind die Markt- und Regulierungsveränderungen mit erkennbaren Auswirkungen auf das genossenschaftliche Geschäftsmodell weiterhin ein besonderes Augenmerk unserer Aufgabenstellung. Durch personelle und instrumentelle Unterstützung in diesem Veränderungsprozess ist der Verband im Besonderen gefordert.  Auch das kann am Ende des Tages nur ein kooperativer Prozess mit unseren Mitgliedern sein. Die Erkenntnistiefe durch Beratung, Betreuung und Prüfung unter einem Dach ist für uns ein Alleinstellungsmerkmal mit dem Potenzial für passgenaue Lösungsoptionen.

Kurzvita

Gregor Scheller hat in seiner mehr als 40-jährigen Dienstzeit die heutige VR-Bank Bamberg-Forchheim eG zu einer der erfolgreichsten Volksbanken Raiffeisenbanken in Bayern geformt und als Vorstandsvorsitzender maßgeblich geprägt. Daneben bringt er langjährige Erfahrung als Mandatsträger in hochrangigen Gremien der genossenschaftlichen FinanzGruppe mit. Er war von 2013 bis 2021 Mitglied im GVB-Verbandsrat. Als stellvertretender Verbandsratsvorsitzender war er Teil des dreiköpfigen Präsidiums des GVB-Verbandsrats.

Siegfried Drexl ist seit 1985 beim Genossenschaftsverband Bayern tätig, davon mehr als 15 Jahre im Bereich Prüfung als Marktbereichsleiter Süd. Seit Januar 2022 ist er Vorstand des Verbands. In seiner Verantwortung liegt das Prüfungsressort und damit die Leitung der genossenschaftlichen Prüfung der GVB-Mitgliedsunternehmen.

Haben Sie schon Maßnahmen geplant, die Sie in den kommenden Wochen und Monaten umsetzen möchten?

Scheller: Mein Handeln ist stets darauf ausgerichtet, erst zu verstehen und dann verstanden zu werden. Daher bitte ich um etwas Zeit. Ich möchte mir zunächst ein umfassendes Bild zum aktuellen Istzustand machen und den in den letzten Jahren angestoßenen Change-Prozess gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verbands reflektieren, die positiven Effekte daraus zu stärken und gegebenenfalls dort nachjustieren, wo es nötig ist. Dabei ist es mir wichtig, auch die Führungskräfte und Mitarbeiter konstruktiv einzubinden, um den Genossenschaftsverband Bayern als innovativen Verband im Sinne der Mitglieder weiterzuentwickeln.

Drexl: Weiterentwicklung ist keine Bedrohung, sondern der notwendige Weg zum Erhalt der Selbstbestimmtheit. Ein wesentlicher Eckpfeiler für uns ist, das Können und Wollen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,  ihre Kompetenz so zu platzieren, dass der Wirkungsgrad möglichst hoch beim Mitglied spürbar wird. Fazit für mich ist, dass sich Mitarbeiterkompetenzen zu mehr Eigenverantwortung hin entwickeln können, damit beispielsweise so mancher Entscheidungsweg kürzer gehalten werden kann. Das muss zunächst der Vorstand selbst bei seinen Entscheidungen und Verhaltensweisen vorleben.

„Ich kann aus meiner Vorstandsbestellung keinen Fusionsauftrag ableiten“

Gregor Scheller

Unter den bayerischen Genossenschaften gibt es die Vermutung, der Vorstandswechsel sei ein erster Vorbote für eine anstehende Fusion des Verbands. Ist das so?

Drexl: Wenn Größe das alleinige Maß für eine unternehmerisch erfolgreiche Entwicklung wäre, so gäbe es in Deutschland keinen Mittelstand mehr. Also, nicht die Großen machen zwangsläufig das Rennen, sondern die Schnellen, die sich neuen Gegebenheiten und Erfordernissen anpassen. Das gilt auch für uns. Komplexe Herausforderungen in den kommenden Jahren lassen sich nicht zwangsläufig durch noch komplexere Größenordnungen lösen.

Scheller: Wie ich eingangs betont habe, sind wir ein guter und leistungsstarker Verband. Einen Schwerpunkt werde ich daher darauf legen, die Leistungsfähigkeit des Verbands weiter zu stärken: durch mehr Mitgliedernähe, eine enge Einbindung in den genossenschaftlichen Verbund, eine durchsetzungsstarke Interessenvertretung und eine motivierende Unternehmenskultur. Ich kann aus meiner Vorstandsbestellung keinen Fusionsauftrag ableiten.

„Das Prinzip der Kooperation ist die Basis für die Leistungsfähigkeit der genossenschaftlichen Familie.“

Siegfried Drexl

Wie wird sich der GVB künftig innerhalb des genossenschaftlichen Verbunds aufstellen?

Scheller: Die genossenschaftliche Familie ist eine sehr leistungsfähige und starke Gruppe. Das Wachstum im letzten Jahrzehnt und die wirtschaftliche Stabilität zeigen dies deutlich. Wir können alle davon profitieren, wenn der GVB sich aktiv einbringt.  In Kooperation lassen sich Aufgaben effektiver verteilen und alle Beteiligten können nach dem Best-Practice-Prinzip voneinander lernen. Dies sollte stets in einem kritischen, konstruktiven und wertschätzenden Miteinander passieren.

Drexl:  Das Prinzip der Kooperation ist die Basis für die Leistungsfähigkeit der genossenschaftlichen Familie. Verbundeffizienzen in der Familie zu heben, ist aber auch eine Frage des Vertrauens und der Disziplin. Durch die weiter fortschreitende Verkürzung der Halbwertszeiten von Planungsgrößen und den damit einhergehenden Unwägbarkeiten in Planungsprognosen werden sich gegebenenfalls auch die Zugangswege zwischen den Verbundhäusern weiterentwickeln.  Maßgebend sind dabei aber weiterhin die Nutzenkoordinaten unserer Mitglieder.
 

Wie teilen Sie die Verantwortlichkeiten auf und wie wird die Zusammenarbeit im Vorstand laufen?

Scheller: Getreu dem Motto „Erst verstehen und dann verstanden werden“ und sich zunächst einmal ein umfassendes Bild machen, ist es nicht die erste Priorität von Herrn Drexl und mir, die aktuellen Verantwortlichkeiten neu zu regeln. Auch weil eine kooperative, enge Zusammenarbeit ohnehin die Ressortzuständigkeiten etwas in den Hintergrund rücken lässt. Mir liegt an einer sehr engen, offenen, ganzheitlichen Zusammenarbeit sowohl im Vorstand als auch mit den Führungskräften und allen Mitarbeitern.

Drexl: Dem kann ich mich voll anschließen. Es liegt auf der Hand, dass ich mich in erster Linie mit den Belangen der Prüfung befassen werde. Wir werden aber auch die Chance nutzen, den Blick und die Wahrnehmung durch die Brille des Kollegen bei Entscheidungen einzuwerten.

Was können die Mitglieder vom GVB unter dem neuen Vorstand erwarten?

Drexl: Jedem Anfang wohnt bekanntlich ein Zauber inne. Aber wir wollen auch keine Erwartungen wecken, die wir nicht erfüllen können. Unser Ziel ist es, uns so zu organisieren, dass die personellen und technischen Kompetenzen des Verbands möglichst optimal zur Stärkung der Mitglieder genutzt werden können. Das Ganze auf der Grundlage von mehr eigenverantwortlichen Entscheidungen und einer hohen Schnittmenge zwischen den Problemstellungen bei unseren Mitgliedern und der Themen- und Projektagenda im Arbeitsmodus des GVB.

Scheller: Zum einen stets ein offenes Ohr für ihre Belange. Zum anderen Verlässlichkeit, Offenheit und das Bestreben, uns noch mitgliederzentrierter auszurichten. Dabei möchte ich meine Erfahrung  aus 40 Jahren Bankpraxis einbringen. Darüber hinaus ist es mir wichtig, die Mitglieder stärker in der Gestaltung und der Weiterentwicklung des Genossenschaftsverbands Bayern einzubinden. Denn sie stehen für uns im Mittelpunkt.
 

Vielen Dank für das Gespräch!

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