GEO und Social-SEO: Junge Menschen suchen online anders nach Informationen als ältere Generationen. Was heißt das für das Marketing mittelständischer Unternehmen?
Frau Franssen, bisher war Suchmaschinenoptimierung (SEO) das dominierende Thema, wenn es für Unternehmen darum ging, eigene Inhalte in Suchmaschinen wie Google möglichst gut zu platzieren. Nun ist vielfach von GEO und Social-SEO die Rede. Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen?
Kathrin Franssen ist Chief Media Officer bei OMD Germany und verantwortet bei der zur Omnicom Media Group gehörenden Agentur die plattformübergreifende Mediaplanung. Foto: OMD
Kathrin Franssen: GEO steht für Generative Engine Optimization, eine neue SEO-Disziplin mit dem Ziel, die Sichtbarkeit von Inhalten auf KI-Plattformen wie ChatGPT oder Gemini zu steigern. Entscheidend dabei sind klar strukturierte, lösungsorientierte Inhalte, die Antworten auf konkrete Fragen bieten, sowie eine semantische, KI-freundliche Architektur und plattformspezifische Optimierung. Social-SEO beschreibt die Optimierung für Social-Media-Suchumgebungen: Die Basis für Sichtbarkeit sind hier Schlüsselworte (Keywords), Bildlegenden (Captions), Alternativtexte zur Beschreibung visueller Inhalte (Alt-Texte) und vor allem nativer Content, damit Inhalte in den Suchfunktionen von Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube gefunden werden.
OMD Germany und GVB arbeiten bei Werbekampagnen zusammen
Die Mediaagentur OMD entwickelt Marketing- und Kommunikationslösungen für über 160 Unternehmen. Sie betreut auch den Genossenschaftsverband Bayern (GVB) bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Werbekampagnen für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Getreu ihrer Philosophie „We create what’s next“ befähigen über 1.100 Mitarbeitende Marken wie die VR-Banken dabei, mit mutigen Ideen und messbaren Ergebnissen die Zukunft zu gestalten und in einer dynamischen Welt etwas zu bewirken.
OMD ist in Deutschland an insgesamt vier Standorten vertreten: Düsseldorf, Hamburg, München und Berlin. Die Agenturgruppe ist Teil des Media-Agenturnetzwerks OMD Worldwide mit Büros in über 100 Ländern und mehr als 14.000 Angestellten.
Warum werden GEO und Social-SEO für Unternehmen immer wichtiger?
Franssen: Das Suchverhalten hat sich stark diversifiziert. Nicht nur, aber vor allem jüngere Nutzerinnen und Nutzer beginnen ihre Recherche zunehmend auf Social- oder KI-Plattformen und nicht mehr in klassischen Suchmaschinen. Das beeinflusst die Art, wie Informationen gesucht, gefunden und als vertrauenswürdig bewertet werden.
Während bei den Boomern Google ganz klar bei der Internetrecherche dominiert, haben bei der Gen Z Social Media und KI-Plattformen mittlerweile die Nase leicht vorne. Grafik: OMD
Wie genau verändert sich das Suchverhalten der verschiedenen Generationen?
Franssen: Während bei den Boomern (61 bis 75 Jahre) Google mit 83 Prozent weiterhin klar dominiert und von den Millennials immer noch zu 70 Prozent genutzt wird, sinkt dieser Anteil bei jüngeren Generationen deutlich: Die Gen Z wählt nur noch zu 48 Prozent Google als bevorzugte Suchplattform, während KI-Plattformen (20 Prozent) und Social-Media-Suchen (29 Prozent) in der Präferenz stark zulegen. Schaut man sich die Nutzungsintensität der Gen Z an, liegt ChatGPT mit 89 Prozent bei den KI-Suchmaschinen vorn. Bei den Social-Plattformen dominiert bei der Gen Z mit 93 Prozent YouTube gefolgt von Instagram (88 Prozent), Pinterest (67 Prozent), TikTok (61 Prozent) und Reddit (38 Prozent). Vergleicht man dies mit älteren Generationen, fallen besonders Pinterest (Boomer: 15 Prozent, Gen X 30 Prozent), TikTok (Boomer: 29 Prozent, Gen X 32 Prozent) und Reddit (Boomer 3 Prozent, Gen X 13 Prozent) mit deutlich geringeren Nutzungszahlen auf.
„Die Bedeutung von Google als zentraler Suchmaschine nimmt zwar insbesondere bei jüngeren Zielgruppen ab, doch bleibt die Plattform weiterhin ein wichtiger Kanal für viele Nutzertypen.“
Wird Google seine Vormachtstellung bei den Suchmaschinen einbüßen?
Franssen: Anfangs sah es danach aus, aber Google arbeitet mittlerweile stark daran, das zu verhindern. Die Bedeutung von Google als zentraler Suchmaschine nimmt zwar insbesondere bei jüngeren Zielgruppen ab, doch bleibt die Plattform weiterhin ein wichtiger Kanal für viele Nutzertypen. Neben der klassischen Suche dürfen wir zum Beispiel lokale Suchen über Google Maps oder Preisvergleiche beim Online-Shopping nicht vergessen.
Bei der Internetrecherche über KI-Plattformen hängt ChatGPT alle anderen Plattformen wie Gemini, Copilot und Perplexity weit ab. Grafik: OMD
Wie sollten Unternehmen ihr Marketing aufstellen, wenn immer mehr Suchen in den sozialen Medien oder in sprachgestützten KI-Systemen beginnen?
Franssen: Unternehmen sollten der Diversität der Zielgruppen zu folgen und genau überlegen, wen sie ansprechen möchten. Die Ansprache sollte dann idealerweise zuverlässig „always-on“, also dauerhaft erfolgen. Inhalte müssen dabei plattformgerecht und cross-channel-konsistent aufbereitet sein, das gilt auch für bezahlte Ads, die übrigens seit November auch auf TikTok möglich sind. Der Fokus sollte auf authentischen Inhalten liegen, die Antworten liefern, nach denen gesucht wird, und nicht nur auf andere Seiten verlinken. In sozialen Medien funktionieren zum Beispiel Tutorials, Inspiration und Erfahrungsberichte gut, die auf die Produkte einzahlen und das Unternehmen als Partner positionieren. Für KI-Suchmaschinen zählt Expertenstatus mit aktuellen und vertrauenswürdigen Inhalten.
Können mittelständische Unternehmen wie die bayerischen Genossenschaften, insbesondere die VR-Banken, GEO und Social-SEO mit vertretbarem Aufwand umsetzen?
Franssen: Das ist auch für mittelständische Unternehmen darstellbar, zum Beispiel durch fokussierte FAQ-Seiten, lokale Suchbegriffe, semantisch strukturierte Inhalte und die aktive Nutzung von Social-SEO-Grundlagen, wie nativen Content-Formaten. Tools und Technologien wie „Smart Bidding“ und „Performance Max“ erleichtern die Automatisierung und Sichtbarkeit im Paid Search, und jede Plattform hat eigene Regeln, so empfiehlt TikTok beispielsweise den Einsatz von mindestens 20 Keywords pro Ad Group. Unsere Expertenteams helfen hier bei Fragen gerne weiter.
„Echte Erfahrungsberichte in sozialen Medien wirken stärker als klassische Werbung.“
Wem vertrauen die verschiedenen Zielgruppen bei der Suche nach Informationen zu Produkten und Unternehmen im Internet am meisten?
Franssen: 52 Prozent der Gen Z vertrauen KI-generierten Suchergebnissen, das gilt allerdings nur für 19 Prozent der Boomer. 26 Prozent der Gen Z und 25 Prozent der Millennials können sich vorstellen, Produkte über KI-Plattformen zu kaufen. In der Gen X sind es noch 20 Prozent und bei den Boomern nur 11 Prozent. Generell vertrauen Jüngere den Empfehlungen von Creatorinnen und Creatoren sowie Communitys. Echte Erfahrungsberichte in sozialen Medien wirken stärker als klassische Werbung.
„Content-Creatoren haben einen stark wachsenden Einfluss auf die Informationsbeschaffung, speziell in der Gen Z und bei den Millennials.“
Welchen Einfluss haben Influencer mittlerweile bei der Informationsbeschaffung und wie können Unternehmen das für ihr Marketing nutzen?
Franssen: Creatorinnen und Creatoren haben einen jetzt schon großen und stark wachsenden Einfluss auf die Informationsbeschaffung, speziell in der Gen Z und bei den Millennials. Unternehmen können das durch gezielte Kooperationen, Product-Placement und die Integration von Erfahrungsberichten in ihre Content-Strategie nutzen. Langfristige Partnerschaften mit Creatorinnen und Creatoren sind in der Regel am authentischsten und somit am wirksamsten. Besonders gut funktioniert in diesen Fällen auch eine Co-Creation: Die Creatorinnen und Creatoren und die Marke nehmen das Feedback der Community auf und kreieren mit ihr zusammen ein neues Produkt, das der Community dann im Bestfall vor anderen Kaufinteressenten angeboten wird. Eine kurzfristige Zusammenarbeit mit Creatorinnen und Creatoren kann zum Beispiel bei Produktstarts sinnvoll sein.
Auf welche Social-Media- und KI-Plattformen sollten Unternehmen in der Gesamtschau beim Marketing ihr Augenmerk setzen? Wo suchen die Menschen nach welchen Themen?
Franssen: YouTube ist generationenübergreifend die führende Social-Plattform, gefolgt von Instagram (wichtig für Jüngere) und TikTok (besonders für Gen Z). Bei KI-Plattformen sind ChatGPT und Gemini führend. Wir wissen, dass Nutzerinnen und Nutzer zunehmend für ihre speziellen Anfragen die passenden Suchmaschinen befragen. Ich suche zum Beispiel zunehmend Restaurants und Hotels auf TikTok, weil ich dort genau sehe, wie appetitlich das Essen oder wie sauber das Zimmer wirklich aktuell ist. Bei Do-it-yourself-Inhalten und Einrichten sowie bei Kochen und Backen ist Pinterest sehr gefragt. Mode und Beauty ist auf der Plattform auch stark, dicht gefolgt von Instagram. In Gesundheitsfragen sind ChatGPT und Perplexity besonders populär. Die Themen Technik und Elektronik werden auf Reddit engagiert diskutiert, und hier ist auch YouTube beliebt. Gleiches gilt für Unterhaltung und Gaming, hier folgt dann TikTok dicht dahinter.
„Marken müssen in den ernstgemeinten Dialog treten und ihre Produkt-Kommunikation dem sich ständig wandelnden Bedarf anpassen.“
Worauf sollten Unternehmen bei Marketingaktionen in Social Media grundsätzlich achten?
Franssen: Communitys wollen ernst genommen werden. Früher sprach man von Community-Management, das entspricht nicht mehr dem Selbstverständnis der potenziellen Kundinnen und Kunden. Marken müssen in den ernstgemeinten Dialog treten und ihre Produkt-Kommunikation dem sich ständig wandelnden Bedarf anpassen. Wer sich um die Zielgruppe authentisch dort bemüht, wo sie sich aufhält, kann seine Marke langfristig weiter aufbauen und seinen Umsatz deutlich steigern.
Frau Janssen, herzlichen Dank für das Gespräch!
Zur Person
Kathrin Franssen ist Chief Media Officer bei OMD Germany und verantwortet bei der zur Omnicom Media Group gehörenden Agentur die plattformübergreifende Mediaplanung. In ihren Tätigkeitsbereich fallen die Entwicklung innovativer marktgestaltender Lösungen für die Themenfelder Digital, TV, Total Video, Search (inkl. New Search), Performance-Marketing, Retail Media und Measurement. Zuvor war Kathrin Franssen die erste Frau im Executive Leadership Team von TikTok GBS DACH & der Niederlande. Als Head of Agency baute sie knapp vier Jahre lang das Plattformbusiness mit auf.