Vielfalt fördern: Was können die Volks- und Raiffeisenbanken tun, um Frauen stärker in Führungsverantwortung zu bringen? Ein Impuls-Workshop in Beilngries lieferte Ansatzpunkte.
Was gibt es für Strategien, um die eigene Bildschirmzeit zu reduzieren? Mit dieser Frage haben sich die Teilnehmenden einer Veranstaltung des neuen Netzwerks WoMen der Raiffeisenbank im Oberland befasst. „Um digitales Wohlbefinden ging es bei einem unserer Treffen“, erzählt Nachhaltigkeitsmanagerin Katharina Kuhn von der Raiffeisenbank im Oberland.
2024 hat die Raiffeisenbank im Oberland das Frauennetzwerk WoMen gegründet. „Es ist ein offenes Netzwerk, daher schreiben wir das Men auch bewusst groß in WoMen“, erklärt Kuhn. „Wir wollen Themen behandeln, die Frauen betreffen, ohne dabei die Männer auszuschließen. Wer sich für eines unserer Treffen interessiert, darf sich selbstverständlich anmelden und teilnehmen.“

Einmal im Quartal finden die Netzwerk-Treffen bei der Raiffeisenbank im Oberland statt.
Diese Öffnung und das Adressieren sowohl von Frauen als auch Männern sei ein kluger Schachzug gewesen, fährt die Nachhaltigkeitsmanagerin der Raiffeisenbank im Oberland fort. „Unser Netzwerk wurde reihum von Anfang an wohlwollend aufgenommen, wir haben nie Contra bekommen.“ Im Rahmen ihrer Personalstrategie hat sich die Raiffeisenbank im Oberland 2024 näher mit Diversität auseinandergesetzt, auch im Hinblick auf die Charta der Vielfalt, Deutschlands größter Arbeitgeberinitiative zur Förderung von Vielfalt in der Arbeitswelt. „Was können wir in Bezug auf Diversity bei uns machen? Wie wollen wir uns als Bank positionieren? Das waren unsere Fragen“, erinnert sich Kuhn. Die Gründung des Netzwerks WoMen war die Antwort.
Treffen während der Arbeitszeit
Einmal im Quartal findet fortan ein Netzwerk-Treffen bei der Raiffeisenbank im Oberland statt. „Die Unterstützung durch unseren Vorstand zeigt sich durch das starke Zeichen, dass unsere Treffen während der Arbeitszeit stattfinden“, freut sich die Nachhaltigkeitsmanagerin. Überdies sei sie mit einem Budget ausgestattet worden, um zum Beispiel externe Referentinnen und Referenten einladen zu können.
So war Ulrike Stöckle von der Agentur für nachhaltige Kommunikation zu „Digital Detox“ zu Gast. Die Agentur begleitet Unternehmen und Organisationen auf ihren Wegen in eine nachhaltige Zukunft. Referentin Stöckle versuchte, das Bewusstsein aller Teilnehmenden für den Umgang im Alltag mit dem Smartphone zu schärfen. Dies stieß vor allem bei den Frauen auf großes Interesse. Die Organisation des Lebensalltag der Familie in zahlreichen WhatsApp-Gruppen und das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen – beides kam vielen Teilnehmerinnen durchaus bekannt vor, erzählt Kuhn. Gut an kamen daher die zahlreichen Vorschläge, wie sich die tägliche Bildschirmzeit reduzieren lasse. Dazu gehört die Idee, sich nicht vom Handy aufwecken zu lassen, um nicht gleich als Erstes am Morgen zum Smartphone zu greifen, um den Wecker auszustellen.
Möglichkeit zum persönlichen Austausch
Ein wichtiger Aspekt bei den Netzwerktreffen sei für die bisherigen Teilnehmenden die Möglichkeit zum persönlichen Austausch gewesen, der durch die nun regelmäßig stattfindenden Treffen gegeben sei. Das spielten mehrere Kolleginnen und Kollegen der Organisatorin als Feedback zurück.
Etwa drei Stunden lang dauert eine Veranstaltung des Netzwerks WoMen. Sich untereinander nach einem Vortrag auszutauschen und eigene Standpunkte mitzuteilen ist daher fester Bestandteil jedes Treffens, betont Kuhn. Ziel ist somit, nicht nur einer Expertin oder einem Experten zuzuhören, sondern auch voneinander zu lernen.
Mit jedem Treffen stieg die Zahl der Teilnehmenden. „Bei unserer dritten Veranstaltung waren die Plätze innerhalb von Stunden vergeben.“ Das sieht Kuhn als große Bestätigung dafür, dass dieses Format bei den Mitarbeitenden gut ankommt. „20 bis 40 Personen nahmen an den Netzwerk-Treffen pro Termin teil“, sagt Kuhn. Einen externen Veranstaltungsort gab es nicht: Auftakt der Netzwerk-Reihe war in der Hauptgeschäftsstelle in Bad Tölz, die darauffolgende Veranstaltung fand in einer Filiale in Miesbach statt.
Raiffeisenbank im Oberland
Die Hauptgeschäftsstelle der Raiffeisenbank im Oberland befindet sich in Bad Tölz. Den Vorstand bilden die Vorstandssprecher Manfred Gasteiger und Manfred Klaar sowie Vorstandsmitglied Johannes Paul. Neben der Hauptgeschäftsstelle in Bad Tölz gibt es Filialen in Waakirchen, Reichersbeuern, Warngau, Gaißach, Miesbach, Hausham, Dietramszell, Lenggries, Weyarn, Schliersee, Irschenberg, Fischbachau, Eglfing.
Von den Themen im beruflichen Alltag profitieren
Souveränes Auftreten war Gegenstand eines weiteren Austauschs des Netzwerks WoMen. Bisher habe sich bewährt, Aspekte aufzugreifen, die auch ganz praktische Tipps beinhalten. „Hier ging es um Embodiment, also das Zusammenspiel von Körper und Geist“, erklärt Kuhn. Anschaulich lernten Teilnehmende, welche Bedeutung langgesetzte Pausen beim Sprechen haben können oder welchen Effekt es habe, in einer höheren beziehungsweise tieferen Tonlage zu sprechen.
Sehr gut sei auch die Entscheidung gewesen, über Methoden der Selbstverteidigung zu sprechen, resümiert Kuhn. „Dabei ging es nicht nur um die physische, sondern auch um die verbale Selbstverteidigung. Es kommt vor, dass Frauen im Kontakt mit Kundinnen oder Kunden unangemessenes Verhalten erleben, sollten diese aggressiv oder rüpelhaft auftreten.“ Das Format bot somit Mitarbeitenden die Möglichkeit zu trainieren, mit welchen Methoden das eigene Auftreten gestärkt werden kann. „Grenzen im verbalen Umgang miteinander werden immer mal wieder überschritten. Da ist es wertvoll, Tipps zu erhalten, wie man sich geschickt wehren und in Konfliktsituation deeskalierend auftreten kann.“ Das Netzwerk WoMan bietet somit das ideale Format, um darüber mehr zu erfahren.
Mit der Gründung des Netzwerks WoMen kam bei den Mitarbeitenden der Raiffeisenbank im Oberland zudem die Idee auf, zwei Vertrauenspersonen zu etablieren. „Aus der Belegschaft heraus wurde vorgeschlagen, einen Mann und eine Frau als Ansprechpartner zu wählen“, berichtet Kuhn. Die beiden sollen allen Mitarbeitenden zur Verfügung stehen, falls es Redebedarf unter vier Augen gibt. „Bei uns im Intranet starteten wir eine Umfrage, ob wir mit dieser Idee auf offene Ohren stoßen würden und erzielten damit die bisher größte Beteiligung bei einer Umfrage. Eine eindeutige Bestätigung für die Idee, Vertrauenspersonen zu wählen“, sagt Kuhn. So hat die Raiffeisenbank im Oberland ein niederschwelliges Angebot für Mitarbeitende geschaffen, bei Bedarf eine eventuell heikle Frage anzusprechen.
Nicht nur das Etablieren der Netzwerk-Reihe bei der Raiffeisenbank im Oberland hat somit die Unternehmenskultur positiv beeinflusst. Mit den abteilungsübergreifenden Treffen hat Nachhaltigkeitsmanagerin Kuhn generell angestoßen, sozialen Aspekten mehr Raum zu geben und diese im verstärkten Austausch zu vertiefen.
Ein Netzwerk für Frauen – und Männer
Auch bei der Volksbank Raiffeisenbank Dachau gibt es ein Frauennetzwerk. „Wir haben aktive und passive Mitglieder“, berichten Julia Bühl und Melanie Schruff. Doch für das Kernteam und alle anderen Interessierten gelte: „Es geht uns darum, den Austausch über alle möglichen Themen, die Frauen hier bei uns in der Bank interessieren, zu fördern.“ Bühl ist stellvertretende Abteilungsleiterin Personalmanagement und -entwicklung. Schruff leitet den Bereich VR Regional, zu dem die Geschäftsstellen und das KundenDialogCenter der Bank gehören. Die beiden übernahmen das 2023 ins Leben gerufenen Netzwerks „FinanzVRauen“ vor eineinhalb Jahren.

Melanie Schruff (l.) und Julia Bühl betreuen bei der Volksbank Raiffeisenbank Dachau das Netzwerk „FinanzVRauen“.
Nicht jedes Fragestellung sei für das gesamte Netzwerk relevant, daher bieten sich auch mal Treffen in kleineren Gruppen an. „Nehmen wir zum Beispiel den Mutterschutz und die Elternzeit – da wollen wir vor allem werdende Mamas ansprechen und möglichst gut dazu informieren“, sagt Bühl. Gebündelt stellen sie Frauen Informationen zur Verfügung – ob das hilfreiche Links sind, eine Checkliste, was alles zu erledigen ist, oder nützliche Tipps – nicht nur für die werdende Mutter selbst, auch für deren Führungskraft. Ebenso geht es Bühl und Schruff darum, werdende Väter mit Informationen rund um die Elternzeit und das Elterngeld auszustatten. „Bewusst kontaktieren wir sowohl werdende Mamas als auch werdende Papas bei uns in der Bank“, betont Bühl.
„Wir versuchen querbeet alles Mögliche anzusprechen – von Mental Load bis zur Menopause“, sagt Bühl. Auch die finanzielle Bildung von Familien steht auf ihrer Liste. Wie sie die Mitarbeitenden adressieren, dafür haben Bühl und Schruff verschiedene Formate geschaffen. So gibt es ähnlich wie bei Raiffeisenbank im Oberland Workshops, in denen sich Teilnehmende informieren und austauschen können. „Zu solch einer Veranstaltung bitten wir auch gerne einen Experten hinzu, zum Beispiel einen Kollegen aus der Personalabteilung, der vielleicht zu einem Punkt noch gezielter auf die Nachfragen aus dem Kollegenkreis eingehen kann“, berichten die Netzwerkerinnen.
Kontakt zu Mitarbeitenden in der Elternzeit halten
Dies war zum Beispiel der Fall, als Bühl und Schruff Kolleginnen und Kollegen, die gerade in Elternzeit sind, zu ihrem Elterncafé in die Hauptgeschäftsstelle einluden. Bewusst fand dieses Treffen, zu dem die Mitarbeiterinnen selbstverständlich auch ihren Nachwuchs mitbringen durften, nicht etwa in einem Café, sondern direkt in der Bank statt. „So können wir Mütter oder auch Väter, die in Elternzeit sind, viel leichter auf den aktuellen Stand bringen, welche Entwicklungen oder Veränderungen es bei uns gibt.“

Das Elterncafé der Volksbank Raiffeisenbank Dachau findet bewusst in der Bank statt.
Ein Netzwerk-Treffen wie das Elterncafé trägt dazu bei, dass Mitarbeitende, die wegen ihrer Kinder pausieren, im Kontakt mit der Volksbank Raiffeisenbank Dachau bleiben können. „Ebenso können wir offene Stellen erwähnen und das Netzwerktreffen nutzen, um über Bedingungen und Möglichkeiten des Wiedereinstiegs in den Beruf zu sprechen“, sagt Schruff und fügt hinzu: „Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Früher hätten Frauen kurz vor dem Mutterschutz und der Elternzeit ihren Laptop abgegeben. Dies fühlte sich für sie oft wie ein Austritt oder gar eine Kündigung an. Und ebenso haben Führungskräfte mit der Zeit den Kontakt zu ihren Mitarbeitenden verloren.“ Das Elterncafé verhindere all dies. Der Kontakt zu Eltern könne leichter gehalten werden, der Austausch bleibe weiter bestehen.
Podcast „Erfolg und Absatz“
Ein weiteres Format des Frauennetzwerks der Volksbank Raiffeisenbank Dachau war ein fünfteiliger Podcast mit dem Titel „Erfolg und Absatz“. Alltagssexismus oder genetische Unterschiede zwischen Frau und Mann wurden von Julia Bühl und ihrer Mit-Podcasterin Franziska Frahammer, einer Kollegin, angesprochen. Auch die drei Vorstände Johann Schöpfel, Ulrich Zeiler und Klaus Berger nahmen sich Zeit und standen als Gesprächspartner Rede und Antwort, als es um Erfolgsgeschichten, Zivilcourage im Berufsalltag und die Akzeptanz weiblicher Führungskräfte ging. „Der Podcast zeigte sehr gut: Mit Charme, Witz und Leichtigkeit, aber ebenso mit Ernsthaftigkeit konnten wir auch mal heikle Themen ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen“, fasst Bühl zusammen.
„Von unseren Vorständen bekommen wir die volle Unterstützung“, sagt Bühl. Das zeige zum einen ihre Teilnahme am Podcast, zum anderen ihr Interesse an den Veranstaltungen des Netzwerks. Wenn es einem Mitglied des Vorstands zeitlich möglich sei, dann nehme er an Veranstaltungen teil. Zudem finden die Treffen tagsüber statt – dadurch werde deutlich, dass der offene Austausch am Arbeitsplatz über vom Frauennetzwerk vorgeschlagene Themen zu einer guten Unternehmenskultur beiträgt.
Volksbank Raiffeisenbank Dachau
18 Geschäftsstellen gehören zur Volksbank Raiffeisenbank Dachau, die Hauptgeschäftsstelle befindet sich an der Augsburger Straße 33-35 in Dachau. Die Genossenschaftsbank ist Arbeitgeber von 385 Mitarbeitenden. Der Vorstand setzt sich aus Vorstandssprecher Johann Schöpfel und seinen Vorstandskollegen Ulrich Zeiler und Klaus Berger zusammen.
Ziel des Frauennetzwerks ist es, bestimmte Fragestellungen sichtbarer zu machen, die nicht nur jeweils einen einzelnen Mitarbeitenden betreffen, sondern mehrere beschäftigen. Zum Beispiel: Frauen für Führungspositionen stark zu machen. „So ging es in einer Podcast-Folge genau darum: Eine Mutter, die bei uns Führungskraft ist, ließ uns ganz offen an ihren täglichen Herausforderungen teilhaben“, erinnert sich Bühl. Wichtig sei es da, dass über ein Thema wie dieses transparent gesprochen werde – und ohne zu werten. „Es gibt ja oft kein ,Richtig‘ oder ‚Falsch‘, dennoch haben viele bedenken, im Kollegenkreis zu erwähnen, wie der Alltag mit Job und Kind tatsächlich abläuft.“
Austausch direkt in die Bank holen
Das Frauennetzwerk mache demnach nicht nur die Frauen selbst, sondern auch gewissen Kernfragen sichtbarer. „Hintergedanke unseres Frauennetzwerks ist es gewiss, gut ausgebildete Frauen zu ermuntern, zurückzukehren – ob in Teil- oder Vollzeit – und sich auf Führungspositionen zu bewerben“, sagt Schruff. „Daher organisieren wir bewusst keine Kaffeekreisrunden nur unter Frauen. In diesen würde unser Anliegen nicht rüberkommen.“ Das Netzwerk holt den Austausch direkt in die Bank: „Es gibt ja zu jedem Thema immer zwei Seiten einer Medaille. Daher ist es wesentlich, dass wir hier in der Bank miteinander kommunizieren. Ich bin eine weibliche Führungskraft. Auch ich habe klar davon profitiert, mich mit männlichen Kollegen ehrlich auszutauschen“, erzählt Schruff.
Um alle Mitarbeitenden ins Boot zu holen, werden Termine für Veranstaltungen des Frauennetzwerks bewusst im Intranet, auf das alle Mitarbeitenden Zugriff haben, veröffentlicht. „So war das Interesse groß, als es zum Beispiel jetzt im Mai bei einem Workshop um ein starkes und souveränes Auftreten als Frau ging“, berichtet Bühl.
Barrieren im Kopf abbauen
Als stellvertretende Personalleiterin liegt Bühl viel daran, bei der Volksbank Raiffeisenbank Rahmenbedingungen zu schaffen, die gut qualifizierte Frauen ermuntern, nach der Elternzeit nicht nur schneller wieder in ein Arbeitsverhältnis zurückzukehren, sondern sogar Führungspositionen in Erwägung zu ziehen. „Viele haben nach wie vor eine Barriere im Kopf und denken, sie müssten sich zwischen Familie oder Karriere entscheiden.“
Mit dem Netzwerk können Barrieren abgebaut werden. „Ich möchte Frauen Mut machen, das ist meine Passion“, sagt sie. „Mit unserem Netzwerk versuchen wir, den Druck rauszunehmen, den sich viele Frauen machen. Wenn mal irgendetwas nicht so gut klappt, suchen viele zu schnell den Fehler bei sich selbst“, ergänzt Schruff. Indem mögliche Probleme offen thematisiert werden, realisieren viele, dass es anderen womöglich ähnlich ergehe. Und darüber hinaus kann der interne Austausch, den das Netzwerk fördert, dazu beitragen, nachfühlen zu können, wie es Kolleginnen und Kollegen geht. Unser Frauennetzwerk gibt den Raum dafür.“