Bewegung: Die Erwartungen an die neue Bundesregierung sind hoch, sagt GVB-Präsident Stefan Müller in seiner Kolumne „Impuls“.
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Die neue Bundesregierung verspricht einen „Wohnungsbau-Turbo“. So jedenfalls Bundesbauministerin Verena Hubertz bei der Vorstellung des neuen Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der Anspruch ist hoch, der Bedarf riesig – und die Zeit drängt.
Denn der Wohnungsbau steckt in der Krise. Die Vorgängerregierung verfehlte ihre Ziele von 400.000 Wohnungen pro Jahr deutlich. Und das in einer Lage, in der es längst nicht mehr nur um den Traum vom Eigenheim geht – sondern um eine ausgewachsene Versorgungskrise. Die Antworten der Bundesregierung bleiben leider halbherzig.
Genehmigungsprozesse und unattraktive Rahmenbedingungen
Hohe Baukosten, gestörte Lieferketten, steigende Zinsen: Ja, all das ist Teil des Problems. Doch die eigentliche Blockade liegt tiefer. Es ist das über Jahre gewachsene Dickicht aus Vorschriften, Genehmigungsprozessen, ineffizientem Baurecht und unattraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen, das Investitionen ausbremst – und Bauwillige frustriert.
Es braucht mehr als wohlklingende Ankündigungen. Wer den Wohnungsbau wirklich ankurbeln will, muss an die Substanz. Dazu gehört:
- ein entschlacktes Baurecht mit digitaler Bauakte und verbindlichen Fristen,
- technologieoffene Standards beim energetischen Bauen – statt immer komplexerer Vorschriften,
- steuerliche Anreize wie erweiterte Sonderabschreibungen und eine Senkung der Grunderwerbsteuer.
Statt weiter an Symptomen herumzudoktern, braucht es strukturelle Antworten. Das bedeutet auch: mehr serielles Bauen mit bundesweit einheitlichen Standards, eine technologieoffene Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – und eine Rückkehr zu pragmatischeren Effizienzvorgaben, die den Emissionsausstoß fokussieren statt theoretische Energiekennzahlen.
Was den Fortschritt bremst
Ein oft unterschätzter Engpass: der Fachkräftemangel am Bau. Selbst bei genehmigten und finanzierten Projekten fehlt es häufig an ausreichenden Kapazitäten bei Handwerkern, Planern und Baufirmen. Das bremst den Fortschritt zusätzlich – und macht deutlich: Eine Wohnungsbau-Offensive braucht auch eine Ausbildungs-Offensive. Ohne Nachwuchs auf den Baustellen bleibt jede Reform nur Theorie.
Ein weiterer kritischer Punkt: die Finanzierung. Zwar ist die Kreditvergabe für Wohnimmobilien zuletzt leicht gestiegen – aber fast ausschließlich im Bestand. Der Neubau bleibt auf Sparflamme. Dabei fehlen Wohnungen, nicht Altbau-Renovierungen. Die genossenschaftlichen Kreditinstitute stehen bereit, Investitionen zu begleiten. Aber wenn aufsichtliche Vorgaben wie der sektorale Systemrisikopuffer Kredite künstlich verteuern, rechnen sich viele Neubauprojekte nicht. So wird das nichts mit neuen Wohnungen.

Strukturelle Antworten sind erforderlich, um den Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen, sagt GVB-Präsident Stefan Müller. Foto: mauritius images / Josef Kuchlbauer
Fazit: Der Wille zum Aufbruch ist da, auch erste Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Aber es braucht mehr als Einzelmaßnahmen und Symbolpolitik. Es braucht einen politischen Kraftakt – und den Mut, gewohnte Denkmuster zu verlassen.
Die genossenschaftliche Finanzgruppe steht bereit, den Wandel zu begleiten. Was jetzt zählt, ist Tempo. Ernsthaftigkeit. Entschlossenheit. Dann kann das vier Jahre alte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr mehr werden als eine kühne Ankündigung. Dann wird es erreichbar.
Stefan Müller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern.
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