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Die Anfänge

„Was halten Sie von einem Sparsystem, bei dem der Sparer, ohne etwas zu riskieren, mehrmals im Jahre an einer Gewinnauslosung teilnehmen kann?“ Diese Frage legten die Initiatoren des Gewinnsparvereins vor 70 Jahren „einer sehr großen Anzahl von Raiffeisenkassen und Genossenschaftern“ vor, wie das Bayerische Raiffeisen-Blatt vom 15. Januar 1952 berichtete. Die Antwort sei in fast allen Fällen zustimmend gewesen. Exemplarisch greift der Text eine Stimme heraus: „Man muss mit der Zeit gehen! Da unendlich viele Sparer durch die harte Währungsreform aufs schwerste betroffen worden sind, ist es heute mehr als verständlich, wenn die Sparwilligen auch etwas auf das ,Glück‘ spekulieren, wenn es ihnen in Gestalt von Sonderprämien winkt. Wir halten deshalb von einem solchen Sparsystem viel, wenn es so geartet ist, dass die Gewinnchancen einem großen Kreis von Teilnehmern zugutekommen!“

So nahm der heutige VR Gewinnsparverein Bayern im Jahr 1952 seinen Anfang. Die Sparer beteiligten sich jede Woche mit 2 Deutschen Mark am Gewinnsparen. Dafür nahmen sie vierteljährlich an der Gewinnauslosung teil. „Jeder Fünfte gewinnt“, lautete damals der Slogan. 104 DM kamen so pro Jahr und Sparer zusammen. 96 DM wurden verzinst und blieben dem Sparer erhalten, 8 DM flossen in den Fonds, aus dem die Gewinne ausgeschüttet wurden. Bei den Gewinnsparern gab es zwei Strömungen, wie das Bayerische Raiffeisen-Blatt in seiner Ausgabe vom 1. Februar 1952 berichtete. Die einen wollten, dass möglichst viele Teilnehmer einen Gewinn erhalten. Die anderen sahen einen besonderen Anreiz in der Möglichkeit, mit einem hohen Gewinnbetrag bedacht zu werden.

Die Bayerische Raiffeisen-Organisation bemühte sich, den Wünschen beider Gruppen gerecht zu werden. 1.360 Gewinner sollten je 25 DM erhalten, dann abgestuft 604 Gewinner 50 DM, 20 Gewinner 100 DM, zehn Gewinner 200 DM, vier Gewinner 500 DM und zwei Gewinner 1.000 DM. So sollten pro Jahr insgesamt 72.200 DM an 2.000 Gewinner ausgeschüttet werden – der Löwenanteil entfiel dabei auf 25 und 50 DM. Anfang der 1950er Jahre war das sehr viel Geld. „Die Durchführung des Systems, die natürlich bestimmte technische Regelungen zur Voraussetzung hat, ist so gestaltet, dass sie von unseren Raiffeisenkassen ohne große Mühe erledigt werden kann“, versprachen die Initiatoren.

Bei den Kreditgenossenschaften und den Sparerinnen und Sparern kam das Gewinnsparen gut an, doch die Rechner der Kassen (der „Rechner“ entspricht in etwa dem heutigen Filialleiter einer Kreditgenossenschaft) sahen auch die Arbeit, die das Gewinnsparen verursacht. In seiner Ausgabe vom 1. März 1952 druckt das Bayerische Raiffeisen-Blatt die Zuschrift eines Rechners einer Raiffeisenkasse aus Schwaben ab: „Eine erneute Arbeitslast wird der Rechnertätigkeit durch Einführung des Gewinnsparens zugemutet; wer aber im Sparwesen zu Erfolgen kommen will und bemüht bleibt, die zeitlichen Verhältnisse, Fußball-Toto, Glückswelle usw. mit in Betracht zu ziehen, kann nicht umhin, die Einführung des Gewinnsparens im Bayerischen Raiffeisenverband zu bejahen. Meine Auffassung ist: Das Gewinnsparen hat die größte Zukunft in unserem Kleinsparwesen, womit auch Großes hängen und haften bleibt. Jeder tüchtige und mit der Zeit gehende Rechner möge dies erkennen und seine Genossenschaft wie den Verband durch rege Mitarbeit stärken.“

Gewinnsparer

Die wohl treuesten Gewinnsparer sind eine 94-Jährige und ihr 97-jähriger Ehemann, die seit der ersten Losziehung 1952 begeisterte Gewinnsparer sind. Seit 70 Jahren versuchen sie jeden Monat aufs Neue ihr Glück und freuen sich zum Jahresende über ein schönes Sümmchen, das ihnen im Dezember wieder gutgeschrieben wird. Auch die Spenden, die dadurch ermöglicht werden, sind für die beiden ein guter Grund, weiter auf die Gewinnsparlose zu setzen.

Gewinnen

Neben Geldgewinnen gibt es bei den monatlichen Auslosungen auch attraktive Preise wie Autos, E-Bikes, iPhones, Reisen und vieles mehr zu gewinnen. Der erste Sachpreis überhaupt wurde Anfang der 60er Jahre verlost: ein VW Käfer. Seit 2000 werden die Fahrzeuge bei emotionalen Events offiziell übergeben. Bei der Übergabe von 30 Porsche Macan im Jahr 2017 sorgte Rallye-Fahrer und Ehrengast Walter Röhrl bei einem knapp 70-jährigen Gewinner, der zufällig neben ihm stand, für Tränen in den Augen. „Dass ich das erleben darf, Sie waren immer mein großes Idol“, habe der Gewinner zu Röhrl gesagt, erinnert sich Thomas Pohl, geschäftsführender Vorstand des VR Gewinnsparvereins Bayern. „Da bekomme ich heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke,“ sagt Pohl.

Für Staunen sorgte bei Pohl einer der vielen bayerischen Gewinnsparer, der dank einer lebensverändernden Entscheidung stolzer Besitzer eines neuen Pkw wurde. Er kam bei der Gewinnübergabe auf Pohl zu und sagte: „Wissen Sie, warum ich heute dieses Auto gewonnen habe? Weil ich mit dem Rauchen aufgehört habe!“ Die 100 Euro, die er sonst im Monat für Zigaretten ausgegeben hätte, investierte er auf Rat seiner Frau in Gewinnsparlose – mit Erfolg: Fünf Jahre später war das Glück auf seiner Seite und er gewann einen der monatlichen Hauptgewinne.

Spenden

„Gerade das Thema Hochwasser hat uns in der Vergangenheit nie kalt gelassen und uns immer auch dazu bewegt, den Menschen bei so einer Naturkatastrophe, die sie aus dem Nichts heraus erwischt, zu helfen“, sagt Pohl. Seit 1999 schüttete der Gewinnsparverein Sonderspenden in Höhe von mehreren 100.000 Euro als Soforthilfe aus. „Wir können schnell reagieren: Das Wasser ist noch nicht richtig abgelaufen, da haben wir schon die Beschlüsse, um Hilfe zu leisten,“ sagt Pohl. Die Hochwasserkatastrophen im Sommer 2021 nahm der Gewinnsparverein zum Anlass, gemeinsam mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken 250.000 Euro an den Landesfeuerwehrverband Bayern zur Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren im Freistaat zu spenden.

2009 radelten die Bayern-1-Moderatoren Tilmann Schöberl und Uwe Erdelt unter der Flagge des Gewinnsparvereins bei einer Rikscha-Rallye durch ganz Bayern. Auf mehreren Etappen sammelten sie pro Kilometer Spenden, die dann von den regionalen Volksbanken und Raiffeisenbanken aufgerundet und am jeweiligen Zielort übergeben wurden. 105.000 Euro kamen dabei insgesamt zusammen, die an 14 soziale Einrichtungen in ganz Bayern verteilt wurden.

Sparen

Jeder kennt es: Versicherungsprämien sind in der Regel einmal jährlich fällig – und dann kommen alle Rechnungen auf einmal und reißen ein Loch in den Geldbeutel. Ein Gewinnsparer hat eine elegante Lösung gefunden, um sich davon nicht überrumpeln zu lassen: Durch den Kauf seiner 20 Gewinnsparlose legt er monatlich einen kleinen Betrag auf die Seite. Über zwölf Monate hinweg kommt so ein schönes Polster zusammen. Die 960 Euro Rückzahlung, die er am Ende des Jahres erhält, nutzt er dann, um seine Versicherungen zu bezahlen. Von den übrigbleibenden knapp zehn Euro macht er seiner Frau jedes Jahr eine kleine Freude.

Losverfahren

In den vergangenen 70 Jahren hat sich bei der Losziehung einiges verändert: Während vor etlichen Jahren noch in allen sieben Regierungsbezirken eine eigene Auslosung stattfand, wird sie seit 2006 zentral durchgeführt. „Die Ziehungen waren früher ein großes Event – meist bei einem Raiffeisen-Abend auf einem Volksfest im jeweiligen Bezirk“, erzählt Thomas Pohl. Auf der Bühne wurde die Lostrommel aufgebaut und dann wurden die Nummern gezogen. Die anwesenden Gäste zückten ihre Kontoauszüge und verglichen die Zahlen. Heute findet die monatliche Ziehung der Gewinnzahlen computergestützt in der Zentrale des Gewinnsparvereins in Sinzing bei Regensburg statt. Aber auch jetzt ist die Auslosung öffentlich. Jeder, der möchte, darf bei dem Prozedere zuschauen.

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