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Frau Bergau, für Sonntag, 15. Mai 2022, lädt die Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco zum Benefizlauf „Giro di Monaco“ auf dem Münchner Altstadtring. Worum geht es Ihnen?

Barbara Bergau: Wir wollen alle miteinander ein Signal senden für ein friedliches Europa und eine friedliche Welt. München soll wieder einmal sein Herz und seine Weltoffenheit zeigen und ein klares Zeichen gegen Krieg und Vertreibung setzen. Außerdem wollen wir Spenden sammeln, die unter anderem einem Partnerprojekt zugutekommen sollen, das sich in Polen um Geflüchtete aus der Ukraine kümmert.
 

Was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die Gäste des Benefizlaufs?

Bergau: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet eine für jeden und jede machbare Laufstrecke von 5,6 Kilometer über den gesperrten Münchner Altstadtring. Diese sonst immer den Autos und dem Verkehr gewidmete Straße kann so aus einem ganz anderen Blickwinkel erlebt werden und den Eindruck einer autofreien Stadt ermöglichen. Im Anschluss an den Lauf wird es im Start-/Zielbereich Musikprogramm geben und am Nachmittag das traditionelle Straßenfest des Bellevue di Monaco und der Glockenbachwerkstatt in der Münchner Corneliusstraße.


Wer kann beim Benefizlauf mitmachen und wo kann man sich anmelden?

Bergau: Beim Giro di Monaco kann jede und jeder mitmachen. Wir erhoffen uns, dass ganz München auf den Beinen sein wird und ein starkes Zeichen für Frieden in Europa und für Solidarität mit Geflüchteten setzen wird. Es haben sich bereits viele Unternehmenssportgruppen, Vereine und Verbände angemeldet und wir freuen uns auf mehr. Freuen würden wir uns natürlich, wenn auch Teams anderer Genossenschaften mit dabei sind. Wir rechnen mit mindestens 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Anmelden kann man sich unter giro-di-monaco.de, die Anmeldung ist kostenlos, wir hoffen aber auf großzügige Spenden. Alle, die angemeldet sind, können sich in unserem Münchner Café in der Müllerstraße 6 ein Laufshirt abholen.
 

Wofür wollen Sie die Spenden konkret verwenden, die bei dem Benefizlauf zusammenkommen?

Bergau: Die Spenden werden wir mit unserem Partnerprojekt Ocalenie in Polen teilen, die sich seit Jahren um Geflüchtete an der polnisch/belarussischen und polnisch/ukrainischen Grenze kümmern. Hier im Bellevue di Monaco wollen wir unsere Hilfsangebote für Geflüchtete ausbauen. Nach wie vor ist der Bedarf an Beratungen, an Sprachkursen, an Hilfe bei der Ausbildung oder der Wohnungssuche enorm hoch – und er wird durch die vielen Geflüchteten, die nun aus der Ukraine zu uns kommen, noch steigen. Nicht vergessen darf man, dass auch viele Menschen aus der Ukraine fliehen müssen, die keinen ukrainischen Pass haben und bei uns nicht den gleichen leichten Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu einer Wohnung erhalten wie Ukrainerinnen und Ukrainer. Hier bedarf es besonderer Hilfe und Unterstützung, um auch diesen Menschen bei uns eine Perspektive zu bieten.

Der „Giro di Monaco“ sollte ursprünglich bereits 2020 stattfinden, dann kam Corona dazwischen. Inwiefern hat der Ukraine-Krieg Ihre Ziele für den Benefizlauf gegenüber den ursprünglichen Plänen verändert?

Bergau: Ursprünglich – im Frühling des Jahres 2020 – wollten wir den Benefizlauf veranstalten, um Spenden für den Bau unseres Dachsportplatzes zu sammeln. Corona hat uns damals einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir mussten den Lauf kurzfristig absagen. Den Sportplatz konnten wir dank großzügiger Spender und Sponsoren trotzdem bauen und er wird seit einem Jahr auch intensiv genutzt. Die Idee, ganz München auf dem Altstadtring zusammenzubringen, hat uns aber nicht losgelassen. Ein klares und auffallendes Zeichen für Frieden sowie laute und deutliche Solidarität mit Geflüchteten aus aller Welt, für die wir als Bellevue di Monaco seit Jahren werben und arbeiten, ist jetzt so wichtig wie lange nicht mehr.

Für den Spendenlauf wird der Münchner Altstadtring zum ersten Mal in seiner Geschichte in voller Länge für den Verkehr gesperrt, wie Sie auf Ihrer Webseite schreiben. Wie haben Sie das geschafft?

Bergau: Wir sind bereits vor über zwei Jahren auf die Stadt München zugegangen und haben den Verantwortlichen die Idee vorgestellt. Dort herrschte sofort Begeisterung und wir wurden in allem unterstützt. Die Idee, diese verkehrsreiche Straße für einen gemeinnützigen Zweck zu sperren, hat alle sofort überzeugt. Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärte sich spontan bereit, die Schirmherrschaft zu übernehmen, mittlerweile haben auch alle Stadtratsfraktionen Unterstützung zugesagt und viele Stadträte, Stadträtinnen und städtische Mitarbeitenden haben sich schon angemeldet.

Wen zählen Sie noch zu den Unterstützern Ihrer Genossenschaft?

Bergau: Durch seine Gründungsgeschichte war das Bellevue-Projekt von Anfang an stark in der Münchner Stadtgesellschaft verwurzelt. Da war die Gründung einer Sozialgenossenschaft ein logischer Schritt, um alle diese Unterstützer auch ganz formell einzubinden. Mittlerweile sind wir über 700 Genossenschaftsmitglieder – von den Nachbarn aus dem Viertel bis zu Musikern, Schauspielern und Kabarettisten sind Menschen unterschiedlichster Prägung und Herkunft bei uns dabei. Dazu gehören Bands wie die Sportfreunde Stiller oder Kabarettisten wie Alfred Dorfer und Georg Schramm, die von Beginn an auf Kundgebungen für uns gespielt haben. Weiter geht es über bekannte Persönlichkeiten aus dem Sport wie Mehmet Scholl und Uli Hoeneß, die sich für den Bolzplatz und den Dachsportplatz engagiert haben, bis hin zu Herzog Franz von Bayern, der bei uns ganz bürgerlich Genosse wurde, was wir immer gerne erzählen. Die Unterstützung geht wirklich quer durch alle Schichten, da will ich ansonsten niemanden herausheben, denn auf ihre Weise haben uns alle großartig geholfen, indem sie zum Beispiel bei der Renovierung unserer Räumlichkeiten tatkräftig mit angepackt haben. Toll war auch der Zeitpunkt, als die Landeshauptstadt München erkannt hat, was für eine Energie bei uns vorhanden ist. Von da an hat uns auch die Stadt voll unterstützt.

Der Sportplatz auf dem Dach des Kulturzentrums Bellevue di Monaco in der Müllerstraße fällt sofort auf.

Der Sportplatz wurde im Oktober 2020 eröffnet. Zahllose Unterstützer hatten den Bau mit ihrer Spende möglich gemacht.

Wie sieht die Unterstützung für den Benefizlauf aus?

Bergau: Da bauen wir auf ein solides Fundament aus Ehrenamtlichen, die auch das Gros der Angebote im Bellevue auf die Beine stellen und betreiben. Zusätzlich steht uns bei der Organisation des Laufs eine Sportagentur zur Seite, die viel Erfahrung mit Sportgroßveranstaltungen hat. Da werden wir professionell unterstützt. Unsere Sponsoren sind ebenfalls von dem Projekt begeistert. Dank ihrer Unterstützung können wir garantieren, dass alle Spenden in unsere Projekte beziehungsweise in die Projekte unserer Partnerorganisation fließen.


Die Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco wurde 2015 mit dem Ziel gegründet, im Herzen Münchens eine Begegnungsstätte für Geflüchtete und Einheimische zu schaffen. 2018 wurde das Café „Bellevue di Monaco“ in der Müllerstraße eingeweiht. Wenn Sie die Zeit von 2015 bis heute Revue passieren lassen: Was haben Sie schon alles erreicht?

Bergau: Die Genossenschaft hat es geschafft, drei stark renovierungsbedürfte Gebäude in der Münchner Altstadt wieder instand zu setzen und darin 14 Wohnungen für über 40 Geflüchtete zu schaffen. Wir betreiben ein Café, in dem viele Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund arbeiten. Wir haben einen Dachsportplatz gebaut, wo Leute aller Herkunft zusammen Sport treiben können. Wir bieten ein umfangreiches Beratungsprogramm zu allen Fragen, die für Menschen, die neu hier ankommen, wichtig sind. Wir machen Begegnungsangebote, die Menschen mit und ohne Fluchthintergrund die Möglichkeit geben, sich kennenzulernen. Mehr als 300 Münchnerinnen und Münchner engagieren sich regelmäßig in unseren Angeboten ehrenamtlich. Wir haben einen Ort geschaffen, an dem in politischen Diskussionen, in Theater-, Musik- und Literaturveranstaltungen Fragen zu Migration und Zuwanderung diskutiert werden können. Ich finde, das kann sich sehen lassen!

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Bergau: Unser großes neues Projekt ist ein Haus für Bildung mit einer eigenen „Bildungsbäckerei“, das heißt einem eigenen Ausbildungsbetrieb für junge Leute mit Fluchthintergrund. Wir wollen einen Ort schaffen, wo ausbildungsbegleitende Sprachkurse angeboten werden, wo Jobs und Praktika vermittelt werden und wo eine Berufsberatung sowie sonstige Unterstützung beim Start in den hiesigen Arbeitsmarkt angeboten wird.

Die Geflüchteten aus der Ukraine haben in der Bevölkerung eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Wie können sich die Münchnerinnen und Münchner bei Ihnen engagieren?

Bergau: Wir suchen immer Ehrenamtliche, die sich in unseren vielen Angeboten im Bellevue engagieren, zum Beispiel in unserer Lernhilfe oder in unserem Open-House. Weitere ehrenamtliche Einsatzmöglichkeiten finden Interessierte auf unserer Webseite unter „Infos für Ehrenamtliche“. Ganz konkret bieten wir zum Beispiel im April einen Mittagstisch in Kooperation mit dem Kulturzentrum Gorod für ukrainische Geflüchtete an, der von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern organisiert wird. Auch hier freuen wir uns über ehrenamtliche Unterstützung. Derzeit suchen wir aber vor allem Leute, die uns beim Giro di Monaco helfen und Lust haben, uns als Ordnerinnen und Ordner oder Streckenposten zu unterstützen. Wir wollen, dass München beim Giro di Monaco ein sichtbares und deutliches Signal gegen den Krieg setzt, dafür brauchen wir Hilfe. Wer daran Interesse hat, schreibt bitte eine E-Mail an giro(at)bellevuedimonaco.de.


Frau Bergau, herzlichen Dank für das Gespräch!

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