Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Bündnis 90/Die Grünen zur Verhältnismäßigkeit in der Bankenregulierung:

 „Deutschlands bestehendes Drei-Säulen-Bankwesen mit seinen vielen kleinen, lokalen Banken hat sich bewährt. Der Finanzmarkt braucht eine effektive Aufsicht sowie einfache, glasklare Regeln ohne Lücken, die für alle gelten – egal ob Banken, Hedgefonds, FinTechs oder andere Finanzdienstleister. Diese Aufsicht soll mit klaren Zuständigkeiten einen transparenten Finanzmarkt garantieren. Kleine Banken, von denen keine Gefahr für das Finanzsystem ausgeht, müssen nicht so umfassend reguliert und beaufsichtigt werden wie Großbanken.“ (Kapitel „Finanzmärkte und Banken, S. 24/25)

Dazu meine ich: „Die Grünen sprechen einen Punkt in der Bankenregulierung an, bei dem Nachbesserungsbedarf besteht: Die Verhältnismäßigkeit der Regulierung. Diese sollte sich vor allem am Risikoprofil der beaufsichtigten Institute orientieren. Es ist gut, dass die Forderung nach einer differenzierten Aufsicht von Regionalbanken und Großbanken damit zunehmend eine breitere politische Basis erhält.

Kleine und lokal verwurzelte Institute haben als Kunden meist solide Mittelständler und ein kleinteiliges Kreditbuch ohne nennenswerte Klumpenrisiken. Investmentbanking spielt bei solchen Banken eine allenfalls untergeordnete Rolle. Von diesen Instituten geht kein Risiko für die Finanzstabilität aus. Es ist folgerichtig, Regionalbanken von administrativen Pflichten, die für Großbanken konzipiert wurden, so weit wie möglich auszunehmen.

Zwar wurden in der Vergangenheit erste Schritte erreicht, um Regionalbanken zu entlasten. Insbesondere auf EU-Ebene besteht jedoch noch viel Handlungsbedarf. Ein Beispiel dafür sind die Offenlegungspflichten. Alle Banken müssen umfassende aufsichtliche Kennzahlen jährlich berichten. Derartige Offenlegungsberichte nutzen nur professionellen Investoren am Kapitalmarkt. Bei Regionalbanken ohne Kapitalmarktnotierung gibt es solche Investoren nicht. Dort binden die Berichte Ressourcen, die im Zweifel an anderer Stelle fehlen. Regionalbanken sollten vollständig von diesen Offenlegungspflichten ausgenommen werden. Auch an anderen Stellen, wie den Vergütungsvorschriften oder im Meldewesen, wären Entlastungen angezeigt. Den politischen Versprechen für mehr Verhältnismäßigkeit müssen weitere Taten folgen.“

Bündnis90/Die Grünen zur Abwicklung von Banken:

„Gute Finanzinstitute sind Grundpfeiler moderner Volkswirtschaften. Werden sie zu groß, werden sie zur Gefahr. Deshalb sollte keine Bank oder Versicherung so groß sein, dass sie eine ganze Volkswirtschaft in den Abgrund reißen kann. Eine Abwicklung muss ohne Rückgriff auf Steuermittel jederzeit möglich sein. Außerdem brauchen Banken und Versicherungen eine gute Eigenkapitalausstattung und wirksame Haftungsregeln.“ (Kapitel „Finanzmärkte und Banken“, Seite 24)

Dazu meine ich: „In der Finanzkrise haben wir erlebt, wie das fahrlässige Verhalten einiger Großbanken den Ruf einer ganzen Branche angegriffen hat. Diesen Kreditinstituten wurde in vielen Fällen mit Steuergeldern erheblich unter die Arme gegriffen. Das gilt es, in Zukunft zu vermeiden. Stringent wäre, Aufsichtsvorgaben am Risiko und Geschäftsgebiet der Banken auszurichten. Daher sollten Regionalbanken weiterhin einer Regulierung auf nationaler Ebene unterliegen. Falsch hingegen wäre es, die Vorgaben für solche Institute an den Regeln für Großbanken mit umfangreicher grenzüberschreitenden Tätigkeit auszurichten oder sie gar der Aufsicht der EU-Abwicklungsbehörde SRB zu unterwerfen.

Um eine erneute Bankenrettung in Europa zu verhindern, ist stattdessen eine EU-weite Harmonisierung der Abwicklungsvorgaben sinnvoll. Dies schont Ressourcen auf Seiten der Regulierungsbehörden. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass kein großes Gefälle innerhalb der EU zum Umgang mit Banken besteht, die in Schieflage geraten sind.

Noch wichtiger als harmonisierte Abwicklungsvorgaben ist es, von vornherein Notlagen durch präventive Maßnahmen zu vermeiden. Insofern ist die Forderung nach einer soliden Kapitalausstattung der Finanzinstitute richtig. Das stellt sicher, dass auf externe Hilfe nur im äußersten Notfall zurückgegriffen werden muss. Nachbesserungsbedarf gibt es vor allem bei der Unterlegung von Staatsanleihen. Staatspapiere, die Banken in ihren Büchern halten, gelten weiterhin als risikolos – auch wenn die Staatschuldenkrise etwas anderes bewiesen hat. Eine risikogerechte Eigenkapitalunterlegung von öffentlichen Anleihen ist daher überfällig. Das würde die Stabilität der Banken in ganz Europa nachhaltig stärken.“

Bündnis 90/Die Grünen zum Mandat der EZB:

Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ist ein hohes Gut. Sie gilt es zu bewahren. Krisen haben jedoch gezeigt, dass eine alleinige Ausrichtung auf das Ziel der Preisniveaustabilität ein zu enges Mandat für die Geldpolitik ist. Daher sollte die EZB, wie andere Zentralbanken auch, gleichberechtigt das Ziel der Wohlstandsmehrung und eines hohen Beschäftigungsstands verfolgen.“ (Kapitel „Geld- und Fiskalpolitik“, Seite 26)

Dazu meine ich: „Richtig ist, dass die Unabhängigkeit von Zentralbanken wichtig und essenzielle Voraussetzung für die Finanzstabilität ist. Nur eine Zentralbank, die unabhängig von politischen Strömungen agiert, kann sich auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren. Im Falle der EZB ist dieses vorrangige Ziel die Preisstabilität.

Der EZB darüber hinaus weitere Ziele in das Aufgabenheft zu schreiben, halte ich für höchst gefährlich. Die EZB hat im letzten Jahrzehnt ihre geldpolitischen Instrumente bis zum Limit ausgereizt. Trotzdem ist es der Notenbank nicht gelungen, ihr angestrebtes Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent zu erreichen. Eine Ausweitung des Aufgabenspektrums der EZB kann dazu führen, dass dieses vorrangige Ziel weiter in den Hintergrund tritt.

Die Forderung der Grünen nach mehr Spielraum für die EZB ist auch aus staatspolitischer Sicht zweifelhaft. Es kommt zur Umwälzung politischer Verantwortung auf die Währungshüter. Das hat zur Folge, dass die Politik mit Verweis auf die Notenbank fortlaufend nötige strukturelle Reformen und fiskalpolitische Maßnahmen verschleppt. So entsteht eine Verschiebung des gestaltenden Auftrags: Weg von gewählten Parlamenten, hin zu einer Notenbank ohne direkte demokratische Kontrolle und Legitimation.

Die Rolle der Notenbank sollte sich weiterhin klar auf das Ziel der Preisstabilität begrenzen. Wie in den Statuten der EZB festgehalten, kann sie neben diesem auch weitere Ziele, wie die Wohlstandsmehrung oder die Senkung der Arbeitslosigkeit, unterstützen. Nicht ohne Grund ist von ,unterstützen‘ die Rede. Das Gestalten und Vorantreiben gesellschaftlicher und finanzpolitischer Entwicklungen sollte in einer stabilen Demokratie weiterhin Aufgabe von Parlamenten bleiben.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

Artikel lesen
Positionen