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Genossenschaftsrechtliche Aspekte

Stirbt ein Mitglied einer eingetragenen Genossenschaft, geht dessen Mitgliedschaft kraft Gesetzes auf den Erben über. Die Mitgliedschaft kann somit vererbt werden.
 

Alleinerbe oder Miterben

Der Alleinerbe wird selbst Mitglied und erhält alle Rechte und Pflichten des verstorbenen Mitglieds wie zum Beispiel die Einzahlungspflichten, aber auch das Recht zur Teilnahme an der Versammlung. Hinterlässt das verstorbene Mitglied mehrere Erben (Miterben), erben diese zur gesamten Hand, das heißt die Miterben halten die Mitgliedschaft gemeinschaftlich. So geht auf die Erbengemeinschaft auch nur ein Stimmrecht über, das durch die Erbengemeinschaft einheitlich ausgeübt werden muss. Die Ausübung des Stimmrechts findet nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter statt. Für das Verhältnis der Erben untereinander sind die allgemeinen Vorschriften des Erbrechts maßgeblich.
 

Auslaufende Mitgliedschaft oder Fortsetzung der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft wird nach dem Tod des Mitglieds gemäß dem Genossenschaftsgesetz (GenG) als sogenannte auslaufende Mitgliedschaft (§ 77 Absatz 1 GenG) behandelt, sofern die Satzung nicht die Fortsetzung der Mitgliedschaft (§ 77 Absatz 2 GenG) bestimmt.

Die auslaufende Mitgliedschaft endet automatisch – unabhängig von der Kenntnis der Erbfolge und ohne dass es einer Erklärung bedarf – mit dem Schluss des Jahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Möchte der Erbe jedoch die Mitgliedschaft trotzdem fortsetzen, kann er unter Beachtung der satzungsmäßigen Vorgaben versuchen, der Genossenschaft selbst beizutreten und das Geschäftsguthaben des Erblassers entsprechend § 76 GenG auf sich selbst übertragen.

Statuiert die Satzung hingegen ausnahmsweise die Fortsetzung der Mitgliedschaft, ist diese zeitlich grundsätzlich nicht begrenzt, sondern dauerhaft. Eine Auseinandersetzung mit der Genossenschaft findet in diesem Fall nur statt, wenn die Erben die Mitgliedschaft kündigen.

Zusätzlich kann die Satzung regeln, dass die Fortsetzung der Mitgliedschaft von persönlichen Eigenschaften des Erben abhängig gemacht wird, zum Beispiel von der Führung eines Milcherzeugerbetriebs oder der Ausübung eines bestimmten Berufs. Die Differenzierung muss jedoch sachlich und nicht willkürlich erfolgen. Werden die besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt, wird die Mitgliedschaft nicht auf Dauer fortgesetzt, sondern endet grundsätzlich mit Ablauf des Geschäftsjahres, indem der Erbfall eintrat.

Zudem können die Erben sowohl bei der auslaufenden Mitgliedschaft als auch bei ihrer Fortsetzung vorzeitig aus der Genossenschaft ausscheiden, indem sie das Geschäftsguthaben unter Einhaltung der satzungs- und gesetzlichen Vorgaben auf einen Dritten übertragen, § 76 GenG.
 

Eintragung in die Mitgliederliste

In formaler Sicht besteht die Pflicht des Vorstands, den Tod des Mitglieds unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen. Dabei ist der Zeitpunkt des Tods sowie der Beendigung der Mitgliedschaft zu vermerken – letzteres, sofern es sich um eine auslaufende Mitgliedschaft handelt. Zudem sind die Erben für das Sterbegeschäftsjahr als Mitglieder einzutragen, sofern diese bekannt sind und hiervon zu benachrichtigen.
 

Übertragung bereits zu Lebzeiten

Üblicherweise findet die Übertragung des Geschäftsguthabens zu Lebzeiten statt, § 76 GenG. Mittels Vereinbarung kann das Geschäftsguthaben übertragen werden, sofern der Erwerber der Genossenschaft selbst beitritt oder bereits Mitglied ist. Wird das gesamte Geschäftsguthaben übertragen, erlischt mit Vollzug der Übertragung gleichzeitig die Mitgliedschaft des bisherigen Mitglieds. Zudem sind durch die Satzung statuierte Einschränkungen, Ausschlüsse oder erweitere Voraussetzungen zu beachten.

Steuerrechtliche Aspekte

Bei der Vererbung oder Schenkung von Genossenschaftsanteilen handelt es sich grundsätzlich um einen steuerpflichtigen Vorgang, der nach den Vorgaben des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu behandeln ist.

Hinsichtlich der Bewertung von Genossenschaftsanteilen existiert weder im ErbStG noch im Bewertungsrecht eine eindeutige Definition oder spezifische Regelung. Steuerlich werden die Anteile nicht wie klassische Aktien oder GmbH-Anteile eingeordnet, sondern in der Regel als gewöhnliche Geldforderungen betrachtet. Für die Ermittlung der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer entspricht der Wert des Genossenschaftsanteils dabei üblicherweise dem Nennwert, also dem vom Mitglied eingezahlten Betrag. Dieser Grundsatz wird auch von der Finanzverwaltung vertreten und ist in den einschlägigen Erbschaftsteuer-Richtlinien (R B 151.6 ErbStR 2019) entsprechend festgelegt.

In besonderen Fällen, beispielsweise bei kleinen Familiengenossenschaften mit wenigen Mitgliedern und außergewöhnlich hohen Gewinnausschüttungen, kann der tatsächliche Wert der Anteile den Nennwert allerdings deutlich übersteigen. Gleiches kann gelten, wenn die Satzung der Genossenschaft eine Beteiligung an der Ergebnisrücklage beim Ausscheiden vorsieht oder das Auseinandersetzungsguthaben über den Nennwert hinaus erhöht wird. In derartigen Konstellationen kann die Finanzverwaltung für die Zwecke der Erbschaft- oder Schenkungsteuer einen höheren Verkehrswert ansetzen. Diese Vorgehensweise findet auch in der aktuellen Rechtsprechung Rückhalt; abschließende Klarheit wird wohl ein derzeit beim Bundesfinanzhof anhängiges Verfahren (Az. VI R 33/24) bringen.

In der Praxis erfolgt die Bewertung von Genossenschaftsanteilen – insbesondere bei Banken, Wohnungsbau- oder Energiegenossenschaften – jedoch überwiegend auf Basis des Nennwerts, sofern die Mitglieder keine wesentliche Beteiligung am Vermögen der Genossenschaft haben und sich das Auseinandersetzungsguthaben bei Ausscheiden auf den Nennwert beschränkt.
 

Carola Wintzheimer ist Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) beim Genossenschaftsverband Bayern.

Moritz Spitzenberger ist Steuerberater und Leiter Steuern Ware und Dienstleistung beim Genossenschaftsverband Bayern.
 

Der GVB unterstützt in Steuer- und Rechtsfragen

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt seine Mitgliedsunternehmen in allen steuerlichen und rechtlichen Fragen, auch zum Thema Vererben und Übertragen von Genossenschaftsanteilen.

Kontakt zur GVB-Steuerberatung:

steuer(at)gv-bayern.de
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Alle Dienstleistungen, Ansprechpartner und aktuelle Meldungen der Steuer- und Rechtsberatung des GVB finden Verbandsmitglieder im GVB-Mitgliederportal.

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