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Frau Hellmann, Herr Nährlich, laut dem Bundesverband Deutscher Stiftungen wurden im Jahr 2021 in Deutschland 863 neue Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet. Damit stieg die Gesamtzahl gegenüber dem Vorjahr um 3,2 Prozent auf 24.650 rechtsfähige Stiftungen (Stand 31. Dezember 2021). Liegt das Stiften im Trend?

Stefan Nährlich: Trotz Niedrigzinsen ist der Stiftungsboom ungebrochen. Immer mehr Vermögende haben keine Erben und wollen mit einer Stiftung Bleibendes hinterlassen. Die Aktive Bürgerschaft unterstützt die Volksbanken und Raiffeisenbanken dabei, stiftungsaffinen Kundinnen und Kunden ein attraktives Angebot zu machen und sich in diesem Geschäftsfeld zu positionieren. Eine schlanke Lösung für Kunden- und Bankstiftungen bieten Stiftungsfonds unter dem Dach der Stiftung Aktive Bürgerschaft.
 

Welche Vorteile bieten Stiftungsfonds gegenüber klassischen Stiftungen?

Bernadette Hellmann: Alle, die Bleibendes hinterlassen wollen, können das nur durch eine Stiftung tun, sonst sind die Zuwendungen der sogenannten zeitnahen Mittelverwendung unterworfen. Das heißt, das Geld muss ausgegeben werden. Bei Stiftungen bleiben die Mittel erhalten, aber rechtsfähige Stiftungen sind aufwändig in der Gründung und Verwaltung und – gerade in der aktuellen Ertragslage – allenfalls bei sehr großem Vermögen oder komplexen Vermögensübertragungen sinnvoll. Auch Treuhandstiftungen erfordern eine eigene Gemeinnützigkeit und Buchhaltung. Hier kommt die Möglichkeit des zweckgebundenen Zustiftens in Form von Stiftungsfonds ins Spiel. Sie revolutionieren das Gründen von Stiftungen.
 

Was genau sind Stiftungsfonds?

Nährlich: Rechtlich handelt es sich bei einem Stiftungsfonds um eine Zustiftung in das Grundstockkapital einer Stiftung. In unserem Angebot erfolgt diese in das Grundstockkapital der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Das Vermögen des Stiftungsfonds bleibt dauerhaft erhalten, die Zwecke werden aus Erträgen und möglichen Spenden verwirklicht. Es gelten die gleichen Steuervorteile wie bei einer rechtsfähigen Stiftung. Da Aufwand und Kosten gering sind, fließen mehr Mittel in die Stiftungszwecke.


Wer kann bei Ihnen Stifter werden?

Hellmann: Sowohl Genossenschaftsbanken als auch ihre Kunden können Stifter sein. Da die Aktive Bürgerschaft bundesweit in nahezu allen Stiftungszwecken tätig werden kann, kann sie verschiedene Zustiftungen unter ihrem Dach bündeln. Der Gestaltungsspielraum ist groß. Name und Zweck des Stiftungsfonds sowie weitere Eckpunkte werden vertraglich individuell geregelt. Der Stiftungsfonds ist eine sinnvolle Lösung, die Verwaltungsaufwand und Kosten sparen kann. Vor Ort bieten einige Bürgerstiftungen in Kooperation mit der örtlichen Genossenschaftsbank Stiftungsfonds an. Wo dies nicht möglich ist, macht die Aktive Bürgerschaft den Volksbanken und Raiffeisenbanken und ihren Kunden ein bundesweites Angebot.

Stiftungsfonds auch bei Bürgerstiftungen bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken

Neben der Stiftung Aktive Bürgerschaft ermöglichen auch verschiedene Bürgerstiftungen bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken Zustiftungen in Form von Stiftungsfonds. Dazu gehören zum Beispiel die Bürgerstiftung der Volksbank Regensburg (heute: Volksbank Raiffeisenbank Regensburg-Schwandorf) sowie die Bürgerstiftung Traunsteiner Land und die Bürgerstiftung Berchtesgadener Land der Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost. Die Bürgerstiftung der Volksbank Regensburg erhielt schon zwei Zustiftungen in Höhe von jeweils rund 100.000 Euro, die als Stiftungsfonds geführt werden. Die Stiftung wurde 2019 mit einem Startkapital von 150.000 Euro gegründet („Profil“ berichtete). Durch die Zustiftungen und weitere Mittelzuwendungen liegt das Vermögen mittlerweile bei 650.000 Euro. „Der  Stiftungszweck ist bewusst weit gehalten, damit sich jeder, der sich engagieren  möchte, in seinen Interessen wiederfinden kann. So haben auch Zustifter eine breite Auswahl an Möglichkeiten, für welchen Zweck ihr Stiftungsfonds angelegt werden soll“, sagt Stiftungsbeauftragter Günther Winkler von der Volksbank Raiffeisenbank Regensburg-Schwandorf.

Wie hoch ist das Interesse an Stiftungsfonds bei der Aktiven Bürgerschaft?

Nährlich: Immer mehr Stifterinnen und Stifter fördern mit ihrem Stiftungsfonds Bürgerengagement mit genossenschaftlicher Handschrift. So investiert beispielsweise eine Stifterin die Erträge ihres Stiftungsfonds in die Arbeit der Aktiven Bürgerschaft und fördert nachhaltig die Arbeit von Bürgerstiftungen und „sozialgenial“-Schulprojekten. Eine andere Stifterin hat im Jahr 2018 einen Namensfonds gegründet und diesen 2021 auf eine Million Euro aufgestockt. Ein Teil der Erträge fließt in die bundesweite Arbeit der Aktiven Bürgerschaft, ein Teil an Hospizvereine und die Krebshilfe in ihrer Heimatstadt. Ein weiterer Stifter unterstützt mit seinem Stiftungsfonds gezielt „sozialgenial“, um Bildung zu fördern und noch mehr Schülerinnen und Schüler herkunftsunabhängig für Engagement zu begeistern.
 

Mit welchem Nutzen und welchen Kosten ist Ihr Angebot verbunden?

Nährlich: Bei der Gründung von Stiftungsfonds profitieren Stifter von der Kompetenz und dem Netzwerk der Aktiven Bürgerschaft. Diese arbeitet eng mit Partnern aus der genossenschaftlichen FinanzGruppe zusammen. Über ihre Programme „Bürgerstiftungen“ und „sozialgenial – Schüler engagieren sich“ erzielt das Engagement große Hebelwirkung und erreicht bundesweit 420 Bürgerstiftungen und über 800 Schulen. Ein weiterer Vorteil: Für die Stiftungsfonds, deren Erträge der Arbeit der Aktiven Bürgerschaft zugutekommen, fallen keine Gebühren an.

Hellmann: Die Genossenschaftsbanken können die Stiftungsverwaltung an die Aktive Bürgerschaft abgeben, während die Vermögensverwaltung dauerhaft im Haus bleibt. Denn die Aktive Bürgerschaft arbeitet eng mit der DZ Privatbank, Union Investment und weiteren Partnern aus der genossenschaftlichen FinanzGruppe zusammen. So bringt jeder arbeitsteilig das ein, was er am besten kann.

Projekte im eigenen Geschäftsgebiet fördern

Bei der Gründung von Kundenstiftungen arbeitet die Aktive Bürgerschaft eng mit der jeweiligen Genossenschaftsbank vor Ort zusammen, die den persönlichen Kundenkontakt pflegt. Die Aktive Bürgerschaft stellt der Bank eine Kundenpräsentation zur Verfügung und unterstützt in allen weiteren Fragen. Die VR Bank Augsburg-Ostallgäu kooperiert beispielsweise bei Stiftungsfragen mit der Aktiven Bürgerschaft. Dazu Armin Schwarz, Anlageberater für vermögende Privatkunden bei der VR Bank Augsburg-Ostallgäu: „Für mich ist besonders wichtig, dass ich Kundenwünsche zeitsparend und flexibel mit der Aktiven Bürgerschaft klären kann. So stiften unsere Kunden zwar der Stiftung in Berlin zu, können damit aber auch ehrenamtliche Projekte bei uns im Geschäftsgebiet fördern. Damit können wir unseren Kunden ein Angebot aus genossenschaftlicher Hand machen. Das kommt sehr gut an.“

Sehen Sie Stiftungsfonds auch als Alternative zu Bankstiftungen?

Nährlich: Für Genossenschaftsbanken bieten Stiftungsfonds eine Alternative zur rechtlich selbstständigen Bankstiftung. Die Banken sparen sich Aufwand und Kosten, gleichzeitig können sie Wirkung und Sichtbarkeit ihres Engagements erhöhen. So hat die Berliner Volksbank zu ihrem 75. Jubiläum im Jahr 2021 durch Gründung des „w!r-Stiftungsfonds“ ihr Engagement verstärkt. Der Fonds ist ein Gemeinschaftsprojekt, denn die Initiative kam von den Mitgliedern der Bank. Mit dem „w!r-Stiftungsfonds“ wollen die Berliner Volksbank und ihre Mitglieder Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern unterstützen, die sich in ihren Orten und Kiezen für das Gemeinwohl einsetzen. Das Institut stattete den Stiftungsfonds mit einem Startkapital von 100.000 Euro aus und spendete weitere 50.000 Euro für das Auftaktprojekt, das sich an die Bürgerstiftungen in ihrem Geschäftsgebiet richtet. Gefördert werden Projekte, mit denen Kinder, Jugendliche oder Senioren unterstützt werden, die von den sozialen Folgen der Pandemie betroffen sind.


Frau Hellmann, Herr Nährlich, herzlichen Dank für das Gespräch!
 

Dr. Stefan Nährlich ist Geschäftsführer und Mitglied des Vorstands der Stiftung Aktive Bürgerschaft. E-Mail: stefan.naehrlich(at)aktive-buergerschaft.de

Bernadette Hellmann ist stellvertretende Geschäftsführerin im Geschäftsbereich Bürgerstiftungen und Förderpartnerschaften der Stiftung Aktive Bürgerschaft. E-Mail: bernadette.hellmann(at)aktive-buergerschaft.de

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