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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz hat auf ihrer Webseite einen Chatbot für junge Menschen eingerichtet, der Fragen rund um Ausbildung, Duales Studium und Bewerbung bei der Bank beantwortet.
  • Der Chatbot „VRank“ wird von der Zielgruppe sehr gut angenommen.
  • Die Kommunikation mit „VRank“ läuft anonym ab. Das senkt die Hemmschwelle potenzieller Bewerber, auch vermeintlich „unangenehme“ Fragen an die Bank zu richten, etwa nach dem Verdienst in der Ausbildung.
  • Hinter „VRank“ steckt eine Künstliche Intelligenz, die Fragen und Antworten automatisiert auswertet und so die Trefferquote der gewünschten Antworten fortlaufend verbessert.
  • Der Chatbot ist aus einem Azubi-Projekt entstanden. Zu sehen, wie daraus ein Produkt mit einem echten Mehrwert für die Bank wird, hat die ohnehin schon hohe Motivation der Auszubildenden nochmals verstärkt.

  • „Hi, ich bin VRank, der virtuelle Assistent für alle Fragen rund um Ausbildung und Bewerbung. Hast du Lust, mit mir zu chatten?“
  • Ja, gerne.
  • „Was möchtest du gern wissen?“
  • Wie viel verdiene ich in der Ausbildung?
  • „Die Vergütung der Mitarbeiter ist bei VR-Banken tariflich geregelt. Selbstverständlich honorieren wir besondere Leistungen und Engagement zusätzlich. Nähere Infos findest du unter folgendem Link.“
  • Danke für die Info, VRank!

VRank hat sich mittlerweile gut eingelebt bei der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz und lernt fleißig dazu. Fragen rund um Bewerbung, Ausbildung und Studium bei einer Kreditgenossenschaft beantwortet er schon sicher und routiniert. Im Mitarbeiterverzeichnis der Bank wird VRank mit Foto als Sachbearbeiter geführt, aber eigentlich ist es seine Hauptaufgabe, mit jungen Menschen über eine Karriere bei seinem Arbeitgeber zu quatschen – denn VRank ist eigentlich ein Chatbot auf der Webseite der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz.

Interaktive Informationsplattform für Bewerber

Michael Hahn hat VRank sozusagen heranwachsen sehen. „Der Chatbot ist aus einem Azubi-Projekt entstanden. Den Vorschlag brachte Daniel Alt vom Institut für digitales Management zu einem Workshop mit. Einen Chatbot für Azubis kannte bis dahin keiner. Wir fanden aber, das ist ein gutes Medium, um potenziellen Bewerbern eine interaktive Informationsplattform zu geben, über die wir auch Links und Schaubilder teilen können“, berichtet der Personalleiter der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz. Außerdem sollte VRank der Bank dabei helfen, sich in der Außendarstellung als attraktiver Arbeitgeber mit einem modernen Image zu präsentieren. „Die Bewerberzahlen gehen zurück. Es wird immer schwieriger, Azubis zu bekommen. Mit unserem Chatbot sprechen wir die Zielgruppe mit einem Medium an, das ihnen vertraut ist“, sagt Hahn.

Bisher macht VRank seine Arbeit gut. Der Chatbot beantwortet automatisiert Fragen. „Da ist im Grunde genommen alles dabei: Wie der Bewerbungsprozess läuft, warum man bei uns arbeiten sollte, ob die Kollegen in Ordnung sind oder was man als Azubi so macht“, berichtet Hahn. Wer genau die Fragen stellt, kann Hahn nicht sagen, da der Chatbot bewusst keine persönlichen Daten abfragt, um die Anonymität zu wahren. „Aus den Fragen lässt sich jedoch ablesen, dass wir unsere Zielgruppe schon erreichen. Es dürften aber auch Mitarbeiter von uns und anderen Banken dabei sein, die neugierig auf VRank sind.“

„VRank“ senkt die Hemmschwelle, Fragen zu stellen

Trainiert ist der Chatbot auf Informationen zur Ausbildung und zum Dualen Studium im Banken- und Versicherungsbereich sowie auf allgemeine Fragen zur Bewerbung und zu Praktika. „Potenzielle Bewerber können aber auch völlig anonym Fragen an VRank richten, wenn ihnen im persönlichen Gespräch oder am Telefon der Mut dazu fehlt. Fragen zu Gehalt und Urlaub oder zur Qualität der Kantine an der örtlichen Hochschule sind wichtig, aber oft ist bei den jungen Menschen die Hemmschwelle dafür noch zu hoch“, berichtet Hahn. So helfe VRank auch der Bank, denn Bewerber kommen dann mit realistischen Erwartungen zum Gespräch, meint der Personalchef. Mittelfristig erhofft sich Hahn durch VRank auch eine Qualitätssteigerung bei den Bewerbern. „Die jungen Leute können automatisiert genau die Fragen stellen, die für sie relevant sind. So wissen sie viel früher, was wirklich Sache ist, und bewerben sich entweder gar nicht oder erst recht“, sagt Hahn.

Je nach Antwort bietet der Chatbot weitere Fragen im gleichen Kontext an. „Die meisten Nutzer klicken dann darauf“, berichtet Hahn. So werden die Nutzer durch das Gespräch geführt. Wenn der Chatbot eine Frage nicht richtig versteht, entschuldigt er sich und verweist auf die Personalabteilung. Auf Basis der am häufigsten gestellten Fragen sollen auch die Inhalte auf der Karriereseite der Bank und das Marketing für die Ausbildungsplätze optimiert werden. „Durch die Auswertung des Chatbots wissen wir hoffentlich schon bald viel genauer, welche Faktoren bei der Ausbildung für junge Leute wirklich relevant sind“, sagt Hahn.

VRank braucht regelmäßiges Training

„Trainer“ von VRank ist Daniel Alt vom Institut für digitales Management. Fragen, die der Chatbot nicht beantworten kann, werden von Alt gesammelt, sortiert und an Kristin Koller weitergeleitet, die in der Personalabteilung der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz die Themen Mitarbeiterbindung, Recruiting und Talentmanagement betreut. Koller beantwortet die offenen Fragen aus dem Chatbot, stimmt sie ab und leitet sie dann zurück an Alt, der sie in die Datenbank von VRank einpflegt.

Außerdem leitet Koller die Azubi-Projekte der Bank, die nach der letzten Fusion 2017 eingeführt wurden. Auch die Organisation des Azubi-Projekts zur Entwicklung von VRank lag in ihren Händen. Nicht nur wegen VRank seien der Workshop und das Projekt an sich ein voller Erfolg gewesen. „Die Azubis kann man nur loben. Sie waren super motiviert und haben sich gefreut, dass sie auch mal außerhalb der Berufsschule zusammenkommen und gemeinsam etwas gestalten“, berichtet Koller. Zudem sei es faszinierend zu sehen, wie schnell man mit den richtigen Methoden und motivierten Teilnehmern ein Produkt auf die Beine stellen könne, das den Nutzern einen wirklichen Mehrwert bietet (zu den Methoden siehe auch Kasten am Textende). „Ich kann jedem Unternehmen nur empfehlen, Azubi-Projekte einzuführen. Das bringt alle Beteiligten weiter“, sagt Koller. Auch bei der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz soll es nach dem Erfolg von VRank weitere Azubi-Projekte geben.

Künstliche Intelligenz für VRank

Hinter dem Chatbot steckt eine klassische Künstliche Intelligenz (KI) auf Basis der Microsoft Azure Cloud. Zum Einsatz kommen die KI-Anwendungen LUIS (Language Understanding) und QnA Maker von Microsoft. „Das ist das Standardpaket von Microsoft, mit dem sich Chatbots entwickeln lassen“, sagt Alt. LUIS zum Beispiel bringt den Anwendungen bei, natürliche Sprache zu verstehen. Durch maschinelles Lernen werden die Programme immer besser darin, Schlüsselinformationen aus Unterhaltungen zu extrahieren. Darauf aufbauend erstellt der QnA Maker aus Fragen und Antworten von Benutzern sowie anderen strukturierten Daten eine Wissensdatenbank, die automatisch Benutzerfragen mit geeigneten Antworten verknüpft. Genau genommen ist VRank also ein Geschöpf von Microsoft, das bei der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz das Kommunizieren gelernt hat. Der Roboter fragt zum Beispiel automatisiert ab, ob seine Antwort hilfreich war. Antwortet der Nutzer mit Nein, bietet der Chatbot ihm an, Feedback zu geben. Auf diese Weise lernt die Künstliche Intelligenz im Hintergrund laufend dazu.

Monatliche Kosten von unter 250 Euro

Die Aufnahme von VRank in die Personalabteilung der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz hat sich auf jeden Fall gelohnt, ist Personalleiter Hahn überzeugt. „Schon im ersten Monat hatten wir 150 Nutzer, die etwa 600 Fragen gestellt haben. Das entwickelt sich jetzt laufend weiter.“ Da die Entwicklung des Chatbots ein Gemeinschaftsprojekt der Bank mit Daniel Alt und dem IDM war, bleibt der finanzielle Aufwand für die Bank überschaubar. „VRank verursacht monatliche Kosten von unter 250 Euro, dafür haben wir natürlich zusammen mit dem IDM viel Arbeit in die Entwicklung gesteckt“, sagt Hahn.

VRank soll übrigens schon bald Karriere machen bei der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz. „Wir planen, den Chatbot auch für die Ausbildung im Warenbereich unserer Bank einzusetzen“, berichtet Hahn. Darüber hinaus soll VRank – sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt – auf Ausbildungsmessen oder Schulvorträgen vorgestellt und in die Ansprache potenzieller Bewerber eingebunden werden. Denkbar sei auch, den Bewerbungsprozess in den Chatbot zu integrieren, sodass die Bewerber dort gleich auch ihre Unterlagen hochladen können. Abgesehen davon habe die Bank durch den Chatbot erste Erfahrungen mit Künstlicher Intelligenz gesammelt, sagt Hahn.

Weitere Chatbot-Lösungen sind geplant

Dem Personalleiter ist der Stolz auf VRank durchaus anzumerken. „Wir sind in diesem Bereich Pioniere. Soweit uns das bekannt ist, sind wir die erste Genossenschaftsbank in Deutschland, die einen Chatbot für den Bereich Ausbildung und Praktika auf ihrer Webseite betreibt. Damit sind wir zeitgemäß unterwegs und entsprechen dem Nutzungsverhalten junger Menschen, die mit dieser Kommunikationsform aufwachsen.“ In Zukunft strebt die Bank weitere Chatbot-Lösungen an, um zum Beispiel einfache Kundenanfragen automatisiert zu beantworten und so Ressourcen für andere Projekte oder die persönliche Kundenbetreuung freizuschaufeln.

Für Banken, die über ähnliche Azubi-Projekte nachdenken, hat Hahn einen schlichten Rat: „Einfach machen!“ Es sei immer gut, ein Team aus motivierten Vordenkern zu haben, die durch kreative Ideen zur Weiterentwicklung der Bank beitragen. Das fördere auch den Zusammenhalt unter den Azubis. VRank jedenfalls kann die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz potenziellen Bewerbern nur empfehlen.

  • Sind die Kollegen in Ordnung, VRank?
  • „Wir legen als Arbeitgeber viel Wert auf ein gutes Betriebsklima, Teamgeist und Miteinander. Daher bieten wir viele gemeinsame Aktivitäten an, so dass sich die Mitarbeiter untereinander vernetzen und kennenlernen können.“

Wie VRank mit „Design Thinking“ seine Nutzer kennenlernte

Der Azubi-Chatbot „VRank“ wurde in einer mehr als sechsmonatigen Testphase durch die Azubis der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz und Daniel Alt vom Institut für digitales Management entwickelt. Start war im Herbst 2019, seit Juli 2020 ist der Chatbot auf der Webseite des Kreditinstituts im Einsatz. Zwischendurch musste VRank jedoch einige Monate pausieren, weil es Probleme mit der Einbindung auf der Webseite gab. Bei der Entwicklung entschied sich Alt für die „Rapid Prototyping“-Methode. Diese besteht aus vier Schritten:

  1. In einem Workshop wurden nach dem „Design Thinking“-Prinzip Inhalte und Zielgruppen des Bots definiert.
  2. Im zweiten Schritt wurde der Chatbot konfiguriert.
  3. Anschließend wurde die Künstliche Intelligenz im Hintergrund trainiert.
  4. Schließlich wurde der Chatbot in einer ersten lebensfähigen Version als sogenanntes „Minimal Viable Product“ (MVP) in den Echteinsatz überführt (Going live). Dabei wurde das Nutzerverhalten laufend beobachtet, um den Chatbot während des Echtbetriebs weiter zu optimieren.

Der anstrengendste Teil sei der Design-Thinking-Workshop gewesen, berichtet Alt, der den Workshop geleitet hat. „Wir wollten verstehen, was unsere Zielgruppe von dem Chatbot wirklich wissen will. Dazu mussten wir während des Workshops sozusagen in den Schuhen der Nutzer wandeln“, erklärt Alt. Zusammen mit 18 Azubis der Bank analysierte er ein breites Spektrum an Themenfeldern. In verschiedenen Gruppen überlegten sich die Azubis alle möglichen Fragen, die zur Ausbildung gestellt werden könnten. Nach und nach wurden diese Fragen beantwortet und in die Wissensdatenbank des Chatbots integriert. Die Azubis überlegten sich auch den Namen und das Aussehen von VRank. „Darauf sind sie heute noch stolz“, berichtet Personalleiter Michael Hahn.

Außerdem erarbeiteten die Azubis das sogenannte „Product Field“ für den Chatbot. Dazu gehört unter anderem, alle Bedingungen für einen erfolgreichen Start zu klären. „Wir haben außen um den Chatbot alles abgeklappert, was theoretisch schiefgehen könnte“, erklärt Alt. So wurde geprüft, ob der Datenschutzbeauftragte der Bank eingebunden werden muss oder wie die gewünschte Nutzergruppe angesprochen werden kann. „Dieser Part ist ziemlich fordernd, weil man hochkonzentriert arbeitet“, sagt Alt.

Sobald der Chatbot aufgesetzt war, ging es ans Testen. In vielen Feedback-Schleifen wurden die Wissenslücken von VRank nach und nach aufgedeckt und die passenden Fragen und Antworten ergänzt. Im ersten Testlauf waren es 20 bis 40 Testpersonen aus der Personalabteilung und ausgewählten Mitarbeitern. Der Kreis wurde dann auf weitere Mitarbeiter und irgendwann auch auf Freunde und Familie der Kolleginnen und Kollegen ausgeweitet. Nach einem letzten Feinschliff musste sich VRank im Live-Betrieb bewähren.

„100 Prozent richtige Antworten wird es nie geben, aber VRank wird immer besser“, sagt Alt. In den ersten zwei Monaten stimmte sich Alt noch alle zwei Wochen mit der Bank ab, welche Themen neu in den Chatbot aufgenommen werden sollen, inzwischen passiert das nur noch selten und nach Bedarf. Trotzdem schaut sich Alt weiterhin täglich die Chatverläufe an, um VRank bei Bedarf neue Antworten beizubringen.

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